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19.5.: theater und literatur aktuell +++ theater und literatur

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Russland: Suche nach Brecht-Handschriften +++ Erfolgreicher Start der "perspectives" +++ 3sat-Theaterpreis an Regisseur Stefan Pucher +++ Frankfurter Kleist-Festtage setzen auf französischen Akzent +++ Theater im Klassenzimmer 200-jährige Spielstätte geht in Schulen


Russland: Suche nach Brecht-Handschriften
orf - Der russische Kulturminister Michail Schwydkoj lässt in seinem Heimatland nach einem Koffer mit Handschriften des Schriftstellers Bertolt Brecht (1898-1956) suchen, den dieser 1941 in Moskau zurückließ und der an seine Erben zurückgegeben werden soll. Das kündigte der Politiker am Freitag überraschend in Berlin nach einem Treffen mit Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin an. Deutschland gab bei der Gelegenheit sieben im Zweiten Weltkrieg aus den Zarenpalästen von St. Petersburg und Umgebung verschleppte Gemälde an Russland zurück.
"Ihre Übergabe erfolgt unter ausdrücklichem Bezug auf die in bilateralen Verträgen bekräftigten völkerrechtlichen Verpflichtungen zur Rückführung kriegsbedingt verbrachter Kulturgüter", heißt es in einer Erklärung Nida-Rümelins dazu. Beide Seiten sprachen von "erheblichen Fortschritten" und einer neuen Etappe in der Frage der so genannten Beutekunst. Zu dem umstrittenen Duma-Gesetz über die Beutekunst meinte Schwydkoj, ihm gefalle das Gesetz auch nicht, "aber als Beamter habe ich die Gesetze einzuhalten".
Zu der von Nida-Rümelin unterbreiteten Wunschliste, zu der unter anderem die Gotha-Bibliothek, die Bremer Baldin-Sammlung sowie das Rathenau- und Ferdinand-Lassalle-Archiv gehören, sagte Schwydkoj, "am ehesten" lasse sich die Rückführung der wertvollen Renaissance-Silber-Sammlung des Prinzen von Anhalt lösen. Außerdem schlage er vor, die in Moskau verschwundenen Brecht-Handschriften mit in diese Listen aufzunehmen, von denen man inzwischen Spuren aufgenommen habe. Ein Schreiben der Tochter Barbara Brecht in dieser Angelegenheit sei an Präsident Wladimir Putin weitergeleitet worden. Die Tochter habe bereits früher auf Initiative des damaligen Präsidenten Michail Gorbatschow einige Seiten dieser Handschriften zurückerhalten.
Brecht hatte den Koffer, der vermutlich Manuskripte oder Abschriften im Exil entstandener Stücke enthält, bei der Durchreise nach Amerika im Juni 1941 bei einem Besuch in einem Moskauer Krankenhaus seiner Mitarbeiterin Margarete Steffin vor ihrem Tod hinterlassen. "Wir wollen diesen Koffer wiederfinden", sagte Schwydkoj in Berlin.
Bereits im kommenden Juni werden von Russland die Fenster der Marienkirche in Frankfurt an der Oder zurückgegeben, worüber beide Seiten in Berlin ein Protokoll unterzeichneten. Sie sollen Nida- Rümelin am 24. Juni in St. Petersburg übergeben werden. Schwydkoj bot deutschen Medien an, Einblick in das russische Verzeichnis sämtlicher kriegsbedingt verbrachter Kulturgüter zu nehmen, aus dem auch der gegenwärtige Aufbewahrungsort hervorgehe. Es handele sich um insgesamt etwa 250.000 Stücke, darunter seien aber auch Münz- und Briefmarkensammlungen. Er wies darauf hin, dass die damalige Sowjetunion bereits in den 50er und 60er Jahren 1,6 Millionen Kulturgüter an die DDR zurückgegeben habe.

Erfolgreicher Start der "perspectives"
Saarbrücken (ddp). Das 25. deutsch-französische Theaterfestival "perspectives" ist erfolgreich gestartet. Mehr als 600 Menschen verfolgten zum Auftakt in der Nacht zum Samstag in Saarbrücken die deutsche Premiere der Neuinszenierung von "La Tragédie d\'Hamlet" auf den Saarterrassen. Das Publikum nahm die Aufführung des klassischen Stoffes von William Shakespeare in der Regie des internationalen Starregisseurs Peter Brook mit Begeisterung auf. Das zweieinhalbstündige Sprechtheater wurde in französisch mit deutscher Übertitelung inszeniert.

3sat-Theaterpreis an Regisseur Stefan Pucher
Der Regisseur Stefan Pucher ist beim Berliner Theatertreffen am Sonntag mit dem 3sat-Theaterpreis ausgezeichnet worden. Der 37-jährige Gießener erhielt den Preis im Wert von 10.000 Euro für seine Tschechow-Inszenierungen, insbesondere für die Aufführung von "Drei Schwestern" am Schauspielhaus Zürich. Mit den "Drei Schwestern" sei ihm ein "respektvoller, nostalgiefreier, ganz und gar heutiger Umgang" mit dem russischen Dramatiker Anton Tschechow gelungen, hieß es in der Laudatio.
Mit dem 3sat-Preis werden Künstler des Berliner Theatertreffens aus Regie, Darstellung oder Bühnenbild ausgezeichnet, die Zukunftsweisendes für das deutschsprachige Schauspiel geleistet haben. Pucher wurde anfangs von der Kritik als "Techno-Regisseur" bewertet, weil er DJs und Videoprojektionen bei seinen Inszenierungen einsetzte. Mit den Tschechow-Inszenierungen in Basel, Hamburg und Zürich prägte er die aktuelle Theaterästhetik.

Frankfurter Kleist-Festtage setzen auf französischen Akzent
Frankfurt (Oder) (ddp). Als internationales Festival mit französischem Akzent präsentieren sich die diesjährigen Kleist-Festtage Frankfurt (Oder). Vom 28. Juni bis 7. Juli sind in der Geburtsstadt Heinrich von Kleists (1777-1811) 30 Theateraufführungen, Lesungen und Ausstellungen vorgesehen, wie die Veranstalter am Freitag mitteilten. Eine Internationale Konferenz mit Nachwuchswissenschaftler aus Deutschland, Polen und Frankreich befasst sich mit Leben und Werk des Dramatikers und Publizisten.
Zum Auftakt wird der Schauspieler Mathieu Carrière zum Kleist-Essay "Über das Marionettentheater" sprechen, aus dem das diesjährige Festtags-Motto "Das Paradies ist verriegelt" entlehnt wurde. Anschließend setzt das Theatre National du Strasbourg diesen Aufsatz in Szene. Zu den weiteren Höhepunkten gehören Aufführungen von Kleists "Amphitryon" durch das Deutsche Schauspielhaus Hamburg (5. Juli), des Vereinigten Gummitier-Ensembles von Manfred Meihöfer mit "Zone/Kleist - Schlachtfeld der Lüste" (3. Juli) sowie von Systéme Castafiore aus dem südfranzösischen Grasse (ab 4. Juli).
Karten können unter 0335/40-10-120 bestellt werden.

Theater im Klassenzimmer 200-jährige Spielstätte geht in Schulen
Zittau (ddp). Das Zittauer Gerhart-Hauptmann-Theater bietet in der kommenden Saison erstmals Theater im Klassenzimmer an. Mit dem Schauspiel "Klamms Krieg" von Kai Hensel geht die Spielstätte direkt in Schulen. Das Monologstück über einen Schüler, der sein Abitur nicht bestanden hat und Selbstmord begeht, habe nach dem Blutbad von Erfurt besondere Brisanz, sagte Chefdramaturgin Sylvia Schmidt am Freitag bei der Vorstellung der neuen Spielzeit. Das Theater habe die Inszenierung jedoch schon vor den tragischen Ereignissen in Thüringen eingeplant.

Zentrale Figur des Ein-Personen-Stücks ist der Lehrer Klamm, der für den Tod des gescheiterten Abiturienten verantwortlich gemacht wird. Die Klasse verweigert ihm den Unterricht. "Klamms Krieg" ist eine von zwölf Neuinszenierungen, die das Zittauer Theater in der bevorstehenden Spielzeit geplant hat.
(www.theater-zittau.de)