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29.9.: literatur aktuell +++ literaturpreise

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Susan Sontag kündigt "provokante" Preisrede an +++ Norbert Gstrein erhielt Uwe-Johnson-Preis


Susan Sontag kündigt "provokante" Preisrede an
Die US-amerikanische Schriftstellerin Susan Sontag will bei der Entgegennahme des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels eine "provokante" Rede halten. Die Essayistin, die am 12. Oktober in der Frankfurter Paulskirche den Friedenspreis erhält, sagte dem Nachrichtenmagazin "Focus": "Es geht mir aber nicht ums Anzetteln eines Skandals, sondern darum die Wahrheit zu sagen."
Beim Betrachten der Namen der bisherigen Preisträger sei sie "schier kollabiert", gestand die 70-Jährige. "Hermann Hesse, Martin Buber, Albert Schweitzer, Ernst Bloch, Max Frisch - das ist Angst einflößend!", sagte die vielfach preisgekrönte New Yorker Literatin.
Sie habe erst durch den Eklat um Martin Walsers Preisträger-Rede 1998 von "diesem bedeutenden Preis" erfahren, sagte Sontag zum Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Der Preis sei für sie etwas Besonderes, "weil Deutschland ein wichtiges Land für mich ist". Zudem sei es die Chance, in der historischen Paulskirche in Frankfurt an dem Ort zu sprechen, "an dem die deutsche Nachkriegsgeschichte geboren wurde".
Sontag hatte im Mai 2001 Aufsehen erregt, als sie in Jerusalem den Jerusalem-Preis 2001 entgegennahm und dies mit heftiger Kritik am Preisstifter, dem Staat Israel, und seiner Besatzungspolitik in den Palästinensergebieten verband.
Quelle: orf

Norbert Gstrein erhielt Uwe-Johnson-Preis
Der aus Tirol stammende Schriftsteller Norbert Gstrein (42) ist am Samstagabend in Neubrandenburg mit dem mit 12.500 Euro dotierten Uwe-Johnson-Preis ausgezeichnet worden. Gstrein erhielt den Preis für seinen neuen Roman "Das Handwerk des Tötens".
Die Festrede hielt der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Hans-Robert Metelmann, die Laudatio Sigrid Weigel, Direktorin des Zentrums für Literaturforschung Berlin.
In "Handwerk des Tötens" (Suhrkamp Verlag) setzt sich Gstrein mit den jüngsten Kriegen auf dem Balkan auseinander. Weigel ging in ihrer Laudatio auf Gstreins "hohe Kunst der Perspektive" ein, unter die sich sein ganzes Werk stellen lasse. Diese entfalte sich aus einem Zusammenspiel von Fiktion und Recherche, der Fiktion als Schöpfer von Personal und Handlungen, der Recherche, um diese in genau erkundete historische Schauplätze zu versetzen. "So werden die fiktiven Figuren zu Akteuren, deren Geschichten wahrscheinlicher sind als viele so genannte authentische Berichte, gerade weil sie uns alle Angebote zur Identifikation und Rührung verweigern."
Gstreins Texte seien nicht nur dialogisch, oft sogar vielstimmig komponiert, so Weigel. "Sie lesen sich darüber hinaus als Verhandlungen über die Möglichkeiten des Erzählens im Streit verschiedener Sprachen, Motivationen, Haltungen und Stillagen." Auf diesem Weg gelinge es dem Autor, sich trotz des Misstrauens in die großen Erzählungen wieder der Ereignisse anzunehmen, deren Deutung, wenn die Literatur sich für unzuständig erkläre, allein den Dabeigewesenen und der Reportagen der Massenmedien überlassen bleibe. "Sich keine Perspektive erlauben, das bedeutet bei Norbert Gstrein nämlich keineswegs einen Verzicht auf das Erzählen, das bedeutet vielmehr Vertrauen in das Vermögen der Einbildungskraft und in die Kunst, verschiedene Stimmen zum Sprechen zu bringen."
Norbert Gstrein wurde am 3. Juni 1961 in Mils (Tirol) geboren und lebt zurzeit in London und Hamburg. Er studierte Mathematik in Innsbruck, Stanford sowie Erlangen und arbeitete an einer sprachphilosophischen Dissertation zur "Logik des Fragens". Lebensstationen waren unter anderem Wien und Zürich. Zu seinem erzählerischen Werk gehören die Romane "Das Register" (1992) und "Die englischen Jahre" (1999), die Novellen "O2" (1993) und "Der Kommerzialrat" (1995) sowie die Erzählungen "Einer" (1988), "Anderntags" (1989) und "Selbstportrait mit einer Toten" (2000).
Er wurde bisher bereits u.a. mit dem Preis des Landes Kärnten beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb (1989), dem Berliner Literaturpreis (1994), dem Alfred-Döblin-Preis (1999) und dem Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung (2001) ausgezeichnet.
Der zum sechsten Mal verliehene Preis wird alle zwei Jahre an deutschsprachige Autoren vergeben, in deren Schaffen sich Bezugspunkte zu der Poetik des 1984 gestorbenen Schriftstellers Uwe Johnson finden, oder die einen deutsch-deutschen Erfahrungshintergrund berücksichtigen. Zu den bisherigen Preisträgern gehören Walter Kempowski, Gert Neumann und Jürgen Becker (2001).
Quelle: orf