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«Geige von Buchenwald» erklingt wieder - erstes Konzert in Erfurt. Foto: Hufner
Heimisches Holz für den Instrumentenbau. Foto: Lieberwirth
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Ahorn statt Tropenholz: Instrumentenbauer wollen heimisches Material

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Klingenthal/Markneukirchen - Blei und tropische Hölzer: Viele Materialien, die bisher für den Bau von Musikinstrumenten verwendet wurden, gelten mittlerweile als schädlich für Umwelt und Gesundheit. Die Suche nach Alternativen ist keine leichte Aufgabe.

Dunkles Ebenholz, elegant-rotbraunes Mahagoni, wertvolles Palisander: Aus aller Welt fanden die wertvollsten Hölzer ihren Weg auch in die Werkstätten der Instrumentenbauer des Musikwinkels im Vogtland. Doch nun steht ein Umbruch an: Viele traditionelle Materialien sind zum Problem geworden. «Aufgrund zahlreicher Artenschutzbestimmungen und neuer Aspekte bezüglich des Umwelt- und Gesundheitsschutzes sind sie kaum mehr einsetzbar», sagt Holger Schiema, Geschäftsführer des Instituts für Musikinstrumentenbau in Klingenthal.

Bisher kamen vor allem tropische Hölzer für Holzblas- oder Saiteninstrumente zum Einsatz, Blei, Chrom oder Nickel bei Blechblasinstrumenten. Die Natur werde aber durch die übermäßige Entnahme seltener Tropenhölzer ausgebeutet, außerdem seien die Materialien durch ihre teils toxische Wirkung für den Menschen gesundheitlich bedenklich, so Schiema. Durch strengere Richtlinien wie etwa das Washingtoner Artenschutzabkommen sei die Verfügbarkeit von wertvollem Tropenholz eingeschränkt, die Preise seien gestiegen. «Das beeinflusst den Instrumentenbau sehr.»

Auch EU-Richtlinien wirken sich auf die Handwerker aus, sagt Ulrich Prahl, Leiter des Instituts für Metallformung an der TU Bergakademie Freiberg. So gibt es etwa eine Liste, die den Einsatz von Chemikalien in der Europäischen Union regelt. «Seit ungefähr einem halben Jahr ist das Thema sehr präsent.» Noch seien die Richtlinien nicht in Gesetzen verankert worden, aber auf dem Weg dahin. «Wann das passiert, können wir momentan nicht einschätzen. Aber wir können nicht erst dann anfangen zu forschen», so Prahl.

Mit unterschiedlichen Forschungsprojekten wird nach Alternativen gesucht. Einige werden durch Innovationsprogramme vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Dabei sind für Projekte, die den Musikwinkel zukunftsfähig machen sollen, bis 2021 mehr als vier Millionen Euro vorgesehen. Über das eigens gegründete Bündnis «I-Ma-Tech», dem verschiedene Akteure des Musikwinkels angehören, kann Geld für Einzelprojekte beantragt werden.

Es gebe bereits Ideen für alternative Beschichtungen oder Metallverbindungen, aber spruchreif seien die noch nicht, sagt Prahl, der sich mit seinem Institut an der TU Freiberg an dem Projekt «I-Ma-Tech» beteiligt und nach Lösungen für Blechblasinstrumente sucht. «Wir überlegen uns, welche Werkstoffe den Anforderungen genügen, was Glanz, Funktionalität oder Akustik betrifft. Wir stellen gerade eigene Bleche her, aber es dauert bis zu drei Jahre, einen neuen geeigneten Werkstoff zu entwickeln.» Die hohe Anzahl der Instrumentenbauer im Musikwinkel, die nun eine Lösung brauchen, ist ein starker Antrieb für die gesamte Branche, findet Prahl.

Inzwischen könnten die problematischen Materialien im Musikinstrumentenbau auf ein Minimum reduziert werden, sagt Holger Schiema. «Bei einigen Hölzern und Materialien können wir bereits Alternativen anbieten», sagt der Geschäftsführer der Klingenthaler Einrichtung, die eng mit der TU Dresden zusammenarbeitet. Eine Alternative betreffe Palisanderhölzer für Gitarren - bei Musikern seien sie beliebt wegen ihres kräftigen, warmen Klangs. Alternativen könnten laut Schiema einheimische Hölzer sein, wie verschiedene Forschungsergebnisse zeigen. «Wir haben Ersatzhölzer gefunden, darunter Nussbaum, Ahorn, Elsbeere oder Mooreiche.» Die Griffbretter der Saiteninstrumente aus Ebenholz und Palisander lassen sich wiederum durch thermisch modifizierte heimische Hölzer ersetzen - beispielsweise aus Esche oder Ahorn.

Die Suche nach alternativen Materialien nehme im Musikwinkel schon seit rund fünf Jahren Fahrt auf, sagt Kerstin Voigt als Inhaberin von der Jürgen Voigt - Meisterwerkstatt für Metallblasinstrumente in Markneukirchen. Zusammen mit der TU Chemnitz läuft in ihrer Markneukirchner Firma ein Forschungsprojekt, wie etwa Blei bei der Herstellung von Metallblasinstrumenten vermieden werden kann. «Im Metallblasinstrumentenbau wird Blei teilweise noch bei der Umformung, also dem Biegen von Rohren, als Füllstoff eingesetzt», berichtet Voigt. Früher galt Blei als besonders gutes, biegefähiges Material. Die Suche nach Lösungen betreffe alle Hersteller weltweit - nicht nur den Musikwinkel im Vogtland. Bis zum Herbst 2021 läuft das Projekt. «Inwieweit es Früchte trägt, kann ich nicht einschätzen. Wenn traditionelle Materialien leicht zu ersetzen wären, hätten wir es längst getan», räumt Voigt ein.

Einige Probleme bleiben trotzdem bisher unlösbar. «Bei Holzblasinstrumenten wird vorrangig das Tropenholz Grenadill verwendet, darunter bei Klarinetten oder Oboen», ergänzt Schiema. Alternative Materialien könnten zu Rissen führen oder bei den Kunden klanglich nicht überzeugen. «Auch bei den Bögen für Streichinstrumente brauchen wir besondere tropische Hölzer, wie das Fernambuk. Hier ist derzeit noch keine ideale Alternative absehbar.» Dabei seien die Musikinstrumentenhersteller sehr interessiert, praxistaugliche Lösungen zu finden, um auf dem internationalen Markt weiter mithalten zu können. «Sobald wir alternative Materialien gefunden haben, werden sie in den Werkstätten eingesetzt», sagt Schiema.