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Vorsingen im Arbeitsamt +++ Künstler bewerben sich bei der Künstlervermittlung der Arbeitsagentur um ein festes Engagement
Hamburg (ddp). In der Hamburger Arbeitsagentur wird bei der Jobsuche gesungen: Die Mezzosopranistin Stefanie Golisch will die Jury der dortigen Künstlervermittlung mit einer Arie des Prinzen Orlofsky aus der Operette «Die Fledermaus» von Johann Strauß überzeugen. Im besten Fall winkt nach dem Vorsingen die Vermittlung an ein Theater.
Die 33-jährige Golisch ist eine von 28 842 Künstlern, die im September 2007 bundesweit arbeitslos gemeldet waren. Auf der Suche nach einem festen Beschäftigungsverhältnis ist die Zentrale für Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit ihre erste Anlaufstelle. Diese unterhält Künstlervermittlungen in Berlin, Hamburg, Hannover, Köln, Leipzig, München und Stuttgart.
Vermittelt wird rund um Bühne und Kamera alles vom Artisten über Maskenbildner und Tontechniker bis zum Zauberer. Die Erfolgsquote liegt nach eigenen Angaben bei 75 bis 95 Prozent. Auch zu kulturellen Einrichtungen in der Schweiz und Österreich bestehen Kontakte.
«Es ist schlimmer als in einem Wettbewerb, weil es hier um einen Job geht», sagt Golisch kurz vor ihrem «Auftritt». Immer wieder verschwindet sie im Einsingeraum der Agentur und übt ihre Arien. Im Warteraum sitzen unterdessen schon weitere Kandidaten. Die Stimmung ist angespannt.
Auch Susanne Müller hat Lampenfieber. Für sie ist es das erste Vorsingen. Seit vier Jahren nimmt die 35-Jährige Unterricht in klassischer Musik. Nun sei der Zeitpunkt gekommen, um sich zu bewerben und mit etwas Glück zukünftig auf der Bühne Geld zu verdienen, sagt Müller.
«Die meisten Bewerber streben eine Solokarriere an, dabei ist eine Stelle im Opernchor ein viel sicherer Arbeitsplatz», sagt Ursula Jochmus, die als Mitglied in der Hamburger Jury sitzt, ansonsten aber als Arbeitsvermittlerin für Musiktheater in Köln fungiert. Denn der Vertrag für einen Chor sei mit einer Anstellung im öffentlichen Dienst vergleichbar und damit unkündbar.
Jochmus bildet an diesem Tag gemeinsam mit dem Verantwortlichen für Musiktheater in Hamburg und ehemaligen Opernsänger, Axel Mendrock, und dem Chorvermittler Florian Fellner die Jury der Künstlervermittlung. Sie befinden über die Qualität der Kandidaten, die sie anschließend in Gesprächen beraten.
Von Stefanie Golischs Auftritt auf der Probebühne zeigt sich die Jury beeindruckt. Mit gekonnter Mimik und Gestik habe sie den Part des Prinzen Orlofsky gesungen und eine Arie aus Mozarts «Cosi fan tutte» dargeboten, urteilt die Jury am Ende.
Eine Stelle gibt es für die 33-Jährige zwar nicht sofort, die Experten wollen aber trotzdem versuchen, sie zu vermitteln. Die Jury empfahl der gebürtigen Bremerin, sich nochmals in Berlin und Köln vorzustellen, da es dort im Vergleich zu Hamburg mehr Theater gebe. Golisch gibt sich optimistisch und verbucht dies für sich als Erfolg.
Katarina Sass