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Christine Mielitz - Intendantin des Meininger Theaters zieht Bilanz

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Wenn Christine Mielitz zum Ende der Spielzeit nach Dortmund geht, lässt sie ein engagiertes, anerkanntes Theater in Meiningen zurück. Über dessen Zukunft macht sie sich Sorgen und hofft trotzdem auf den Spruch von Dagmar Schipanski (Kunstministerin Thüringen), dass Stärken gestärkt werden sollen. Und Stärken sieht Mielitz vor allem in Meiningen.

Meiningen (ddp). Christine Mielitz glaubt an die Kraft des von ihr Geschaffenen. "Es wird Ihnen gar nichts passieren ohne mich", macht die scheidende Intendantin des Meininger Theaters jenen Mut, die bleiben. Ihre Bilanz, die sie in einer Mischung aus Pressekonferenz und Talk-Runde präsentiert, kann sich sehen lassen: 526 Vorstellungen im vergangenen Jahr, 176 000 Zuschauer, eine Auslastung von knapp 90 Prozent, die beste in der Geschichte der Meininger Bühne und die höchste aller Thüringer Theater. Unter den 23 Premieren hat Wagners "Ring der Nibelungen" weltweit für Aufsehen gesorgt. Anfragen zur Gastspielen kamen aus Italien und Japan. Wenn Mielitz zum Ende der Spielzeit nach Dortmund geht, lässt sie ein engagiertes, anerkanntes Theater zurück.

Über dessen Zukunft sie sich gleichwohl Sorgen macht. Noch immer ist die Struktur der Thüringer Theaterlandschaft ungeklärt und damit auch die Finanzierung der einzelnen Häuser. Die "Verschleppungstaktik zweier Städte" müsse endlich ein Ende haben, mahnt sie in Richtung Weimar und Erfurt. Seit Jahren versucht die Landesregierung, beide Städte und ihre Bühnen zu einer Zusammenarbeit zu bewegen, weil beide allein nicht finanzierbar sind. Und Mielitz hofft auf die Verwirklichung des Spruches von Kunstministerin Dagmar Schipanski (CDU), dass Stärken gestärkt werden sollen. Und Stärken sieht Mielitz vor allem in Meiningen.

Ihrem Ensemble bescheinigt Mielitz, das ihm Mögliche zur Finanzierung getan zu haben. In der vergangenen Spielzeit wurden knapp 14 Prozent des Etats eingespielt, eine halbe Million Euro mehr als geplant und ein Spitzenwert in der deutschen Theaterlandschaft. Doch das lasse sich nicht endlos fortschreiben. Zum ersten Mal müsse sie am 6. Februar einen Spielplan verteidigen, der finanziell nicht abgesichert ist. Rund 660.000 Euro fehlen. Doch sie sei nicht bereit, eine der Aufführungen zu streichen: "Nichts ist entbehrlich", sagte Mielitz. Doch ihr geht es auch ums Prinzip. Niemand solle angesichts der Erfolge in Meiningen sagen, es könne gespart und trotzdem gutes Theater gemacht werden.

Für eine Neuaufführung des "Rings" haben Sponsoren Geld erst wieder für die Spielzeit 2003/2004 zugesagt. Gerade der "Ring" habe die Kraft aller Sparten in Meiningen gezeigt. "Er war ein Tor, das aufgemacht werden musste", sagt die Intendantin. Doch die Wiederaufführung gefährde das seit langem geplante, breit angelegte Shakespeare-Projekt, denn zwei so große Vorhaben wollten die Sponsoren nicht finanzieren, sagt Mielitz. Es wäre "schade, wenn Kunst Kunst verhindern würde".

Wie sehr der "Ring" Meiningen ins Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt hat, zeigt ein anderes Projekt, das Mielitz gern verwirklicht sähe. Als Reaktion auf die Aufführung hat das Asian Youth Orchestra angefragt, 2003 ein Sommersemester "in dem europäischen Kulturzentrum Meiningen" zu absolvieren. Zwei Monate sollten rund 500 junge Musiker aus ganz Asien in der spielfreien Zeit in Meiningen wohnen, lernen und auftreten. Seit fünf Monaten liege die Anfrage unbeantwortet im Kunstministerium.

Überhaupt liege ihr der Nachwuchs am Herzen, sagt Mielitz. "Theater ist ein Ort, wo junge Leute das Recht haben, zu Wort zu kommen". Ihr schwebt eine Stiftung nach dem Vorbild Nordrhein-Westfalens vor, die Zuschüsse für die Aufführung von Autoren gibt, deren Stücke nach 1965 entstanden sind.

Zwei weitere Angelegenheiten stehen vor Entscheidungen. Die 1967 gebaute Konzertmuschel des Großen Hauses ist marode und soll erneuert werden. Bis Ende März können Vorschläge im Gestaltungswettbewerb eingereicht werden. Um den Bau zu finanzieren, würden die Zuschauer um Spenden gebeten werden. Und: Ein Nachfolger für Generalmusikdirektor Kirill Petrenko, der im September nach Berlin geht, sei in Sicht. Das Auswahlverfahren sei schon weit fortgeschritten.

Uwe Frost

(www.das-meininger-theater.de)