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Leipzig (ddp-lsc). Mit 14 Jahren ist das Leiziger Wave-Gotik-Treffen erwachsen geworden. Nach großer Pleite vor fünf Jahren hat die diesjährige Auflage des alljährlichen Zusammentreffens der Schwarzen Szene wieder an alte Besucherzahlen angeknüpft und zugleich den friedlichen Ruf gefestigt.
Von Freitag bis zum Pfingstmontag feierten laut Treffen-Sprecher Peter Matzke 20 000 schwarz Gewandete ohne nennenswerte Zwischenfälle sich selbst und ihre Szene. Das war Rekord für die neuen Veranstalter von der Chemnitzer Treffen- und Festspielgesellschaft, die seit dem Beinahe-Zusammenbruch das weltweit als einzigartig geltende Gothic-Festival organisieren.170 Musiker, Autoren und Bühnenkünstler gaben sich an 20 verschiedenen Spielstätten in vier Tagen und Nächten die Klinke in die Hand. Standen in den frühen Erfolgsjahren des Treffens chartkompatible Bands wie Him, Wolfsheim und Szenemagneten wie die amerikanischen London After Midnight auf den Bühnen im Agra-Messepark, so pflegen die neuen Veranstalter musikalisch eher das Understatement.
«Konzerte sind beim Treffen eher untergeordnet», sagt Matzke. Wichtig sei der Austausch der schwarzen Gemeinschaft untereinander. Deshalb gebe es auch keine Tageskarten. «Wir wollen Leute, die zum Treffen der Szene und nicht zu Konzerten der Szenestars kommen wollen», sagt Matzke. Das Konzept habe die Zeit überdauert und sei schließlich das, was sich die Besucher erhofften, die zu einem Drittel aus dem Ausland wie den USA, Neuseeland, Japan und Mexiko anreisten.
«Die vielen wunderschönen Menschen und die breite Vielfalt im Programm fasziniert», sagen die 32-jährige Marion Mulder und der 42-jährige Groen Dick aus den Niederlanden. Ihnen gefalle besonders, dass das Durchschnittsalter der Gäste weit höher sei als bei anderen Festivals. «Man hat sich eher etwas zu sagen», erklärt Marion.
Seit etwa drei Jahren sei es ganz deutlich erkennbar, dass die Festteilnehmer älter werden, erzählt Matzke. Die Entwicklung weg von einer reinen Jugendkultur der Gotiker sei schon lange zu beobachten. «Die Szene regeneriert sich seit 25 Jahren aus sich selbst heraus», sagt er. Erstmals wurde beim 14. Treffen im Agra-Gelände ein Kinderhort eingerichtet. So gingen die Veranstalter auf die Belange des älter werdenden Publikums ein, das seinen Nachwuchs auch schon gerne mal zum Fest mitbringt.
Michael Brunner, Erfinder des Festivals, hat sich mit seiner fünfjährigen Tochter Anthea den Kindergarten angesehen. Nachdem der 35-Jährige nach eigenen Worten noch keines der Treffen versäumte, fühle er sich «so wohl wie schon lange nicht mehr». Bis zum Jahr 2000 hatte er die Fäden des Festes in der Hand. Dann war das Geld für die Künstlergagen weg und die ganze Welt schrie, dass das Treffen in der Pleite und im Chaos versinke.
Brunner wurde gesucht und gegen ihn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Es sei nach drei Jahren eingestellt worden sei, erzählt er. Er habe die Katastrophe vom 9. Treffen noch nicht ganz überwunden, aber er könne sich jetzt für die neuen Veranstalter und ihren Erfolg freuen. «Ich bin stolz, wie auf ein Kind, das mich nicht mehr braucht und alleine laufen kann», sagt er. Brunner macht aktuell in Bio-Kost. Er sei der «ideelle Schöpfer» eines Bio-Supermarktes in Leipzig, der kurz vor der Eröffnung stehe.
http://www.wave-gotik-treffen.de