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Hamburg: Die ZEIT-Stiftung fördert das Studio 21

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Philipp Adlung (Programmleiter der ZEIT-Stiftung) und Elmar Lampson (Präsident der Hochschule für Musik und Theater) geben bekannt, dass die ZEIT-Stiftung das Studio 21 für aktuelle Musik der Hochschule für Musik und Theater mit insgesamt 180.000,- €, verteilt über drei Jahre, fördern wird. Damit setzt die Stiftung ihr Engagement in dem schon seit 1997 bestehenden Förderschwerpunkt fort.

Philipp Adlung umriss die Ziele des Stiftungsengagements: „Das Projekt Studio 21 soll dazu beitragen, Hamburgs Ruf als Metropole der zeitgenössischen Musik und als exzellente Ausbildungsstätte von Komponisten und Musikern zu stärken.“
Elmar Lampson hob die Möglichkeiten der Entwicklung neuer Konzepte für die Vermittlung Neuer Musik hervor und der gezielten Förderung von Nachwuchskomponisten und –instrumentalisten.

Das Studio 21 der Hochschule hat sich bereits in der Vergangenheit einen Namen gemacht mit innovativen Konzerten, Workshops und Multimedia-Projekten, insbesondere aber auch mit den Langen Klangnächten in der Hochschule.

Die Mittel der ZEIT-Stiftung ermöglichen z. B.:
• die Durchführung innovativer Konzerte und Workshops, in denen in mehrwöchigen, intensiven Arbeitsphasen fachübergreifend junge Komponisten und Instrumentalisten zusammengebracht werden,
• die Verpflichtung international renommierter Komponisten, Dirigenten und Musiker für das Studio 21,
• Gründung und Aufbau eines festen Ensembles 21: Neben Konzerten und Workshops wird hier jungen Komponisten die Möglichkeit geboten, ihre Werke aufführen zu lassen.

Bereits für dieses Wintersemester konnten renommierte Künstlerpersönlichkeiten verpflichtet werden:
• Das international arrivierte Kuss Quartett wurde für einen Komponistenworkshop im November/Dezember 2005 gewonnen.
• Mit Salvatore Sciarrino konnte einer der wichtigsten zeitgenössischen Komponisten für das Studio 21 verpflichtet werden. Salvatore Sciarrinos Vokalwerk "Infinito Nero" wird zusammen mit Claudio Monteverdis "Il combattimento“ szenisch aufgeführt (März 2006).
• In einem der kommenden Semester folgt Hans Zender, der als einer der wichtigsten Komponisten und Dirigenten seiner Generation gilt.


Die von der ZEIT-Stiftung geförderten Projekte des Studio 21 für aktuelle Musik

Kuss Quartett investiert in die Zukunft (November/Dezember 2005)
Die Hochschule freut sich besonders, dass sie das Kuss Quartett für einen Komponistenworkshop gewinnen konnte. Das arrivierte und international renommierte Streichquartett sucht bewusst die Auseinandersetzung mit seiner Zeit. Sie haben bereits intensiv mit György Kurtág gearbeitet und zwei junge, sehr erfolgreiche Komponisten beim Schaffen ihrer ersten Quartettwerke begleitet: Jörg Widmann und Lera Auerbach. Am 14. und 15. November werden sie sich zusammen mit den Kompositionsstudierenden der Hochschule in einen intensiven Arbeitsprozess begeben. In einem Abschlusskonzert wird das Kuss Quartett die Ergebnisse dieser überaus viel versprechenden Zusammenarbeit vorstellen.

Rekonstruktion expressionistischer Tänze – Die Maskentänzer Lavinia Schulz und Walter Holdt (Februar 2006)
Am 18. Juni 1924 erschießt Lavinia Schulz erst ihren Mann und dann sich selbst. Damit endet eine beispiellose Karriere. Bei den berühmten Künstlerfesten im Curio Haus waren sie die Attraktion mit ihren Tänzen und Kostümen/Ganzkörpermasken. Über Jahrzehnte schlummerten die Masken unbemerkt im Museum für Kunst und Gewerbe. Im kommenden Jahr werden diese Kostüme in einer expressionistischen Ausstellung zu sehen sein.
In einem Begleitprogramm am 11. Februar 2006 werden diese auch zu tänzerischem Leben erweckt. Zwei Originalmusiken von Hans Heinz Stuckenschmidt (Musikhistoriker und Musikkritiker) konnten dazu aufgefunden werden, Kompositionsstudierende der Hochschule werden neue Stücke komponieren.
Die Rekonstruktion und Neuschaffung der Tänze und Musik ist ein Projekt des Studios 21 zusammen mit dem Museum für Kunst und Gewerbe, der Gewandmeisterschule der Hochschule für Angewandte Wissenschaften und dem Kulturmanagement - Studiengang der Hochschule.

Il Combattimento di Tancredi e Clorinda/Infinito nero
Musiktheater von Claudio Monteverdi und Salvatore Sciarrino
(März 2006)

Zwei ungewöhnliche Stücke der Musiktheaterliteratur begegnen sich in diesem Projekt: Am Beginn der Operngeschichte steht Claudio Monteverdis 1624 entstandenes Meisterwerk »Il Combattimento di Tancredi e Clorinda« (Der Kampf zwischen Tancred und Clorinda). Vor den Mauern Jerusalems treffen die Sarazenin Clorinda und der Kreuzritter Tankred aufeinander. Es kommt zu einem Kampf auf Leben und Tod. Von Tankreds Hieben tödlich verwundet, verzeiht die sterbende Clorinda ihrem Gegner. Die besondere Eindringlichkeit dieser Geschichte gelingt Monteverdi durch einen Trick: Er lässt einen Augenzeugen von diesem Kampf berichten, der zwar anonym, aber nicht unbeteiligt bleibt.
Aus Stille, Atem und Herzschlag entwickelt einer der bedeutendsten Komponisten der Gegenwart seine Musik. Mit »Infinito nero« (Das unendliche Schwarz) vertont Salvatore Sciarrino 1998 Auszüge aus den Aufzeichnungen der Mystikerin Maria Maddalena de’ Pazzi, die um 1600 als Nonne in Florenz lebte und nach ihrem Tode heilig gesprochen wurde. In religiöser Ekstase empfing Maria Maddalena Visionen, die zwischen satanischer Besessenheit und göttlicher Gnade changierten. »Infinito nero« ist der musikalische Mikrokosmos einer solchen Vision. Ganz zart und behutsam dringt Sciarrino in die Phantasiewelt einer Frau ein, die nach ewiger Liebe sucht.

Für den anspruchsvollen Part des Testo in Monteverdis »Combattimento« ist es uns gelungen, mit Mark Tucker einen Sänger zu gewinnen, der auf den internationalen Opernbühnen als Spezialist für das Barockrepertoire gefragt ist. Die weiteren Partien werden von Marlen Hachmann, Barbara Hensinger und Hendrik Lücke gestaltet.

Die Konfrontation von Neu und Alt findet sich in der Gegenüberstellung des Hamburger Barockorchesters mit dem Ensemble 21 für Neue Musik der Hochschule für Musik und Theater Hamburg wieder.


Il Futurismo (Sommersemester 2006)
Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte sich in den Städten Moskau und St. Petersburg ein künstlerischer Wirbelsturm, der die zeitgenössische Kunstszene erst irritierte, dann durcheinander wirbelte und schließlich neu zusammensetzte. Abzulesen ist diese Entwicklung an den unzähligen „Ismen“: Expressionismus, Kubismus, Futurismus, Dadaismus usw. Berlin, Paris und Rom übten auf die russischen Künstler einen ungemein anziehenden Reiz aus. Hier konnten sie sich mit den aktuellen Kunstströmungen auseinandersetzen. Durch die Beschäftigung mit diesen Stilen einerseits und dem Verwurzelt sein der Künstler in der heimischen Volkskunst andererseits entstand eine spezifisch russische Avantgardekunst. Diese drückte sich in allen Künsten aus. Kühne Ideen eines Skrjabin, Wyschnegradzky, Matjuschin oder Mossolov in der Musik, Meyerhold im Theater, Eisenstein und Vertov im Film oder Rodtschenko und Lissitzky in Kunst, Burliuk oder Majakowskij in der Literatur. Allen gemeinsam war die Suche nach Neuem unter Einbeziehung anderer Künste.
Diesen Ansatz möchten wir in einem Konzert aufgreifen und mit aktuellen Kompositionen unserer Studierenden konfrontieren. Welche Modernismen haben sich erhalten, welche Fragestellungen sind auch heute noch interessant und was ist hinzugekommen. Das STUDIO 21 möchte künstlerische Antworten auf diese Fragestellungen in form einer literarisch-musikalischen Collage geben.


Musik und Zeit (Februar 2007)
Teil I: Ausgangspunkt Praxis
Lesarten - Wege der „Vertonung“
Ziel der ersten Projektphase ist es, Wege und Möglichkeiten der Lesbarkeit, der Umsetzung und Übersetzung musikalischer Kunstwerke nicht nur vorzustellen, sondern die Vielschichtigkeit dieser Prozesse anhand öffentlicher Proben, von Gesprächen, Diskussionen und musikalisch-literarischer Aufführungen in die Form eines konzertanten Symposions zu führen. Ausgangspunkt sind dabei die Werke des Komponisten Hans Zender.

Teil II: Ausgangspunkt Theorie
Die Gedanken, die sich aufgrund der ausgewählten Kompositionen in ihrer Konstellation in Bezug auf die Begriffe von Zeit, Musik und Sprache ergeben, sollen in einem Symposion aufgegriffen und sowohl begleitend als auch nachbereitend diskutiert werden. Teilnehmer dieses Symposions sind Musiker, Komponisten, Musik- und Literaturwissenschaftler sowie Philosophen.