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Der Streit um die Neubesetzung der Intendanz der Bayerischen Staatsoper in München wächst sich zum Politikum aus. Die SPD-Opposition im Landtag kritisierte am Mittwoch das Verhalten der Staatsregierung scharf.
München (ddp-bay). «Im Kunstministerium ist offenbar schlampig verhandelt worden. Dadurch ist auch Schaden für den Steuerzahler entstanden», sagte der kulturpolitischer Sprecher der Landtags-SPD, Peter Hufe, der Nachrichtenagentur ddp. Die Grünen sprachen von einem «Trauerspiel» und forderten Kunstminister Thomas Goppel (CSU) auf, die Karten offen auf den Tisch zu legen. Aus dem Ministerium hieß es, dem Steuerzahler entstünden aus dem Fall «keine zusätzlichen Belastungen».Nach der Bekanntgabe der Berufung des Wiener Burgtheaterchefs Klaus Bachler zum neuen Intendanten der Staatsoper ab Herbst 2008 durch Goppel hatte der designierte Staatsopernchef Christoph Albrecht am Dienstag über seinen Berliner Anwalt öffentlich Ansprüche auf das Amt angemeldet. «Der Vertrag zwischen Christoph Albrecht und dem Freistaat Bayern ist wirksam und mein Mandant ist nach wie vor willens, bereit und in der Lage, dieses Amt anzutreten», hieß es in einer Erklärung von Albrechts Anwalt Peter Raue.
Albrecht war zusammen mit dem neuen Generalmusikdirektor der Staatsoper, Kent Nagano, noch vom früheren Kunstminister Hans Zehetmair zum neuen Intendanten gekürt worden. Im März wurde dann bekannt, dass Albrecht und das Ministerium über eine Auflösung des Vertrages verhandeln. Am Dienstag präsentierte Goppel überraschend Bachler als neuen Chef des renommierten Münchner Opernhauses. Medienberichten zufolge war Bachler schon unter Zehetmair erste Wahl. Es sei jedoch damals zu keiner Einigung gekommen.
«Wenn Zweifel an der Richtigkeit einer Personalentscheidung bestehen, darf man nicht die zweite oder dritte Wahl nehmen», sagte SPD-Kulturexperte Hufe. Ohnehin sei es fragwürdig, dass man Albrecht so früh verpflichtet habe, obwohl es sich offensichtlich nicht um die optimale Lösung gehandelt habe. Hufe lobte zwar die Berufung Bachlers als richtige Entscheidung, kritisierte aber den Zeitpunkt seiner Präsentation. Goppel hätte warten müssen, bis mit Albrecht ein Auflösungsvertrag zustande gekommen sei.
Kunstministeriumssprecher Christoph Parchmann nannte den Zeitpunkt der Präsentation Bachlers unerheblich für den Fortgang der Verhandlungen. An deren Ergebnis - nämlich der Tatsache, dass Albrecht nicht mehr Intendant der Staatsoper werde - bestehe ohnehin kein Zweifel.
Die Landtags-Grünen fordern von Goppel eine rasche Aufklärung über die Hintergründe der Affäre. »Wir wollen wissen, was hinter den Kulissen gespielt wird«, sagte die parlamentarische Geschäftsführerin Ulrike Gote. Sie wolle den Minister in einem Brief fragen, wer die Verantwortung für den Casus habe und welche Kosten dadurch auf den Steuerzahler zukämen.
Das Kunstministerium hatte mit Albrecht Stillschweigen über die Auflösungsverhandlungen vereinbart. Zur Höhe der Abfindungsforderungen Albrechts wollte Rechtsanwalt Raue am Mittwoch keine Angaben machen. Medienberichten zufolge soll es sich um eine Summe in Höhe von mehr als einer Million Euro handeln.
Die Intendanz der Bayerischen Staatsoper ist ab Herbst 2006 vakant, wenn der jetzige Staatsopernchef Sir Peter Jonas in den Ruhestand geht. Zu diesem Zeitpunkt sollte ursprünglich Albrecht das Ruder des »Flagschiffs" der Münchner Kulturszene übernehmen. Jetzt ist geplant, dass Bachler, dessen Vertrag mit dem Wiener Burgtheater bis 2009 läuft, ab Herbst 2008 in München zur Verfügung steht. In der Interimszeit zwischen 2006 und 2008 soll Musikdirektor Kent Nagano zusammen mit der Operndirektion die Amtsgeschäfte leiten.
Georg Etscheit
s.a auch.
http://nmz.de/kiz/modules.php?op=modload&name=News&file=article&sid=973…