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Berlin (ddp). Die aktuelle Kinokrise ist nach Angaben der Filmförderungsanstalt (FFA) aus Hollywood importiert. Es habe im ersten Halbjahr 2005 keine US-Blockbuster gegeben, die Millionen von Zuschauern angelockt hätten, sagte FFA-Vorstand Peter Dinges in Berlin.
Die US-Produzenten arbeiteten derzeit am europäischen Publikumsgeschmack vorbei. «Ohne US-Blockbuster geht es nicht in Deutschland», betonte er. Gute Zahlen gab es indes vom deutschen Filmmarkt.Den Angaben zufolge gingen in den ersten sechs Monaten 2005 nur 60,3 Millionen Menschen ins Kino. Im Vorjahreszeitraum hatte diese Zahl bei 72,3 Millionen gelegen - das macht ein Minus von 16,6 Prozent. Mit 352,5 Millionen Euro Umsatz flossen 67 Millionen Euro und damit 16 Prozent weniger in die Kinokassen als im ersten Halbjahr 2004. Die Zahl der Besucher deutscher Filme stieg dagegen um 25 Prozent auf 11,8 Millionen an.
Laut FFA verzeichnete auch Italien einen Besucherrückgang von mehr als 17 Prozent, in Frankreich lag diese Zahl bei rund 13 Prozent, in Großbritannien bei 8 Prozent. Die USA meldeten ein Besucherminus von mehr als zehn Prozent.
Dass es sich in Deutschland nicht um eine generelle Kinomüdigkeit handle, sondern das Interesse vom Filmangebot abhänge, habe der März gezeigt. In diesem Monat habe es ein Besucherplus von 7,7 Prozent gegeben. Der US-Film «Hitch - Der Date Doktor» lockte an den Wochenenden mehr als 2,5 Millionen Zuschauer an. Die deutschen Produktionen «Die wilden Kerle II» und «Sophie Scholl - Die letzten Tage» kamen zusammen auf knapp 400 000 Besucher.
Dagegen galt laut FFA der Juni mit einer Halbierung der Besucherzahlen im Vergleich zum Vorjahresmonat als «desaströs». Die US-Filme «Star Wars: Episode III - Die Rache der Sith» und «Batman Begins» konnten die hohen Erwartungen, zusammen rund zehn Millionen Zuschauer anzuziehen, nicht erfüllen.
Auch die Erwartungshaltung der Filmfans habe sich geändert. So habe ein Viertel der Besucher, die sich 2004 noch für die US-Blockbuster-typischen Special Effects begeisterten, diese Vorliebe verloren. Viele Kinogänger achteten im ersten Halbjahr 2005 mehr auf die Qualität der Schauspieler und auf die Story des Films.
Dinges sagte, trotz der schlechten Besucherzahlen stehe kein großes Kinosterben bevor. Die Zahl der Spielstätten sei im Berichtzeitraum unverändert geblieben. Dennoch müssten die Betreiber handeln und den Kinobesuch «zu einem Event» machen. Die FFA wolle sich künftig stärker um die Förderung der Filmtheater kümmern.
Der FFA-Vorstand blickte optimistisch in die Zukunft: Demnächst startende Filme wie «Harry Potter und der Feuerkelch», «King Kong und die weiße Frau», Doris Dörries «Der Fischer und seine Frau» sowie Leander Haußmanns «NVA» könnten wieder Erfolge werden. Damit könnte sich die Krise im zweiten Halbjahr 2005 wieder «ein bisschen entspannen». Dinges betonte: «Das Kino hat nach wie vor das Zeug zur Erfolgsstory.»
Nadine Emmerich