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Leise Klänge im Musikland Niedersachsen - Niemand will den Taktstock für ein gemeinsames Festival-Marketing in die Hand nehmen
Hannover (ddp-nrd). Niedersachsen kann jährlich mit mehr als 100 Musikfestivals auftrumpfen - doch außerhalb der Landesgrenzen werden nur wenige davon wahrgenommen. Anstatt mit einem gemeinsamen Marketing mehr Besucher in den Nordwesten zu locken, kochen die meisten Veranstalter immer noch ihr eigenes Süppchen. Den Taktstock für eine verbesserte Vermarktung der Musikfestivals will bislang niemand so recht in die Hand nehmen. Selbst ein gemeinsames Veranstaltungsprogramm in Form eines Katalogs oder einer Broschüre bleibt zunächst Zukunftsmusik.Bereits in einer umfassenden Studie des Kulturministeriums aus dem vergangenen Jahr wurde eine Vernetzung der Veranstalter zu einer ständigen Arbeitsgemeinschaft gefordert. Und auch in der Koalitionsvereinbarung der neuen CDU/FDP-Landesregierung heißt es: «Die zahlreichen hervorragenden Festivals und Initiativen des Landes sollen durch ein Koordinations- und Kommunikations-Netzwerk zur Initiative \'Musikland Niedersachsen\' verknüpft werden». Laut Studie haben die Festivals derzeit jährlich rund 447 000 Besucher. Lediglich die Hälfte der Veranstaltungen konnte jedoch einen Anteil von zehn Prozent an überregionalem oder gar internationalem Publikum verzeichnen.
Erste Anstrengungen einer Vernetzung wurden nach Auskunft des Kulturministeriums bereits unternommen. Wie das Ministerium mitteilte, soll ein Treffen alle Veranstalter und Tourismus-Vertreter zusammenführen, um nähere Einzelheiten der Umsetzung zu erarbeiten. Hierzu hätten bereits Gespräche stattgefunden, in die auch die Landesregierung involviert sei.
Die Federführung in der Vermarktung müsse «naturgemäß bei der Kulturwirtschaft - insbesondere der Tourismus Marketing Niedersachsen GmbH - liegen», hieß es aus dem Kulturministerium weiter. Vorstellbar sei ein «gemeinsames Marketing durch geeignete Broschüren und Kataloge». Allerdings sei die Finanzierung einer solchen Maßnahme durch die öffentliche Hand derzeit wegen der prekären Situation des Gesamthaushalts unsicher.
Die vom Kulturministerium als federführend eingestufte Landesgesellschaft Tourismus Marketing hat allerdings nicht vor, in naher Zukunft den Ton in der Festival-Vermarktung anzugeben. Die Festivals seien ein «wichtiger Bestandteil des Kultur- und Städtetourismus», betont Geschäftsführerin Carolin Ruh. Als Initiatorin einer ständigen Arbeitsgemeinschaft in Sachen Musikfestivals sieht sich die hundertprozentige Tochtergesellschaft des Wirtschaftsministeriums deshalb nicht.
Wie Ruh unterstrich, gibt es zurzeit in ihrem Haus auch keine konkreten Pläne, bei der Festival-Werbung über die «normalen Marketinginstrumente» - beispielsweise den Internetauftritt www.reiseland-niedersachsen.de - hinauszugehen. Auch seien weder für dieses noch für das kommende Jahr besondere finanzielle Maßnahmen geplant. Ruh wies in diesem Zusammenhang auf das Jahresthema 2005 der Marketing-Gesellschaft hin, das unter dem Motto «Kulturland Niedersachsen» stattfinden soll. Musik könne dabei ein Schwerpunkt sein.
Der Landesmusikrat Niedersachsen sieht unterdessen schon lange in der Musikförderung des Landes Nachholbedarf. Der Verband wolle mit der Politik ins Gespräch kommen, was der Begriff «Musikland Niedersachsen» überhaupt bedeute, sagte Geschäftsführer Manfred Sauga. Notwendig sei zunächst eine klare Konzeption, wie eine Vernetzung aussehen könne - bereits an diesem Punkt bestehe einiger Klärungsbedarf. Problematisch ist in seinen Augen auch der über Jahre stetig schrumpfende Landesetat für die Musikförderung. Dieser liegt inzwischen bei fünf Millionen Euro. Ob er in dieser Höhe bestehen bleibt, kann keiner im Moment definitiv sagen.
Ungeachtet dessen eröffnete vor Kurzem das höchst erfolgreiche Braunschweig Classix Festival zum 16. Mal. Als Schirmherr der Musiktage bekam Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) einen professionellen Taktstock geschenkt - damit wenigstens er in seinem Kabinett immer den richtigen Takt angeben kann.
Sandra Rohrbach
Musikfestivals in Niedersachsen
In Niedersachsen gibt es im Jahr mehr als 100 Musikfestivals. Diese stehen auf dem Programm:
Braunschweig Classix Festival: noch bis zum 13. Juni, Region Südost Niedersachsen, Klassik, www.braunschweig-classix-festival.de
Euregio Musikfestival: noch bis zum 5. Juni, überregional, Klassik bis Jazz, www.euregio-musikfestival.de
Internationale A-cappella-Woche, 10. bis 18. Mai in Hannover, Chor und Oratorium, www.cesa-events.de
Internationale Händel-Festspiele: 27. Mai bis 3. Juni in Göttingen, Alte Musik und Oper, www.haendel.org
Masala Welt-Beat Festival, 20. Juni bis 6. Juli in Hannover, Weltmusik, www.masala-festival.de
Hurricane Festival, 20. bis 22. Juni in Scheeßel, Independent Rock, www.hurricane.de
Sommerliche Musiktage Hitzacker, 26. Juli bis 3. August in Hitzacker, Kammermusik und Barock, www.musiktage-hitzacker.de
Dollart Orgel Festival, 5. bis 14. September in Ostfriesland, Provinzen Groningen und Drenthe, Orgelmusik, www.rheiderland.de/organeum/deutsch/seiten/proji.html
Niedersächsische Musiktage, 7. September bis 5. Oktober, überregional, Klassik, www.musiktage.de