Hauptrubrik
Banner Full-Size

Off-Theater zum Sonderpreis

Publikationsdatum
Body

Discounter bringt in Berlin-Mitte Aufführungen zum Preis von 9,99 Euro auf die Bühne

Berlin (ddp-bln). Sparen ist in - auch bei Unterhaltung und Kultur. Einst renommierte Kudamm-Kinos bieten ihre Sitzplätze zum Pauschalpreis von fünf Euro an, eine große Supermarktkette offeriert Kunstdrucke palettenweise. Auf ein sparwütiges Publikum hat sich auch ein Off-Theater in Berlin-Mitte eingerichtet: Nicht einmal 10 Euro kostet das Ticket für ein Theaterstück. «Zwischensumme... Total: 9,99 Euro. Vielen Dank! Es bediente Sie: Ihr Theaterdiscounterteam» steht auf dem Ticket, welches einem Supermarktkassenbon nicht unähnlich sieht.

Natürlich sind mit einem solchem Eintrittspreis weder ein vielköpfiges Ensemble noch üppige Szenenbilder zu bezahlen. Die Tickets gibt es ausschließlich an der Abendkasse, Vorbestellungen sind nicht möglich. Billig ist schließlich die Devise, und außerdem erhalten die jungen Theatermacher keinerlei Subventionen aus dem schmaler werdenden Berliner Kulturetat.

Der Theatersaal befindet sich in der Packhalle des ehemaligen Telegrafenamtes an der Monbijoustraße/Ecke Oranienburger Straße. Es riecht noch stark nach Schmieröl und Altpapier, als Sitzplätze dienen ein paar ausrangierte Sitzreihen eines Kinos. Immerhin reicht der Etat für einen Beleuchter, der seine Sache höchst professionell erledigt.

Derzeit steht «Fremdenzimmer» auf dem Programm, und als Bühnendeko müssen ein Bett, ein Sessel und zwei Hocker ausreichen, alle Stücke scheinbar selbst zusammengezimmert aus Sperrmüll. Als wäre der Kartenpreis nicht günstig genug, gibt es sogar ein kostenloses Vorprogramm. «Planet Porno» nennt Patrick Wengenroth, seines Zeichens Dramaturg, Übersetzer, Regisseur und Texter, seinen etwas angestrengt humorvollen Redebeitrag.

Es folgt das Hauptprogramm «Fremdenzimmer» von Ulrike Syha, die für ihr Werk «Autofahren in Deutschland» im vergangenen Jahr den Kleist-Förderpreis erhielt. Die Einsamkeit des Geschäftsreisenden in anonymen Hotelzimmern, Probleme mit vernachlässigten und eifersüchtigen Ehefrauen und die böse Welt an sich sind nicht gerade neue Themen, schließlich hat vor einiger Zeit bereits «Menschen in Scheiß Hotels» in der hauptstädtischen Off-Szene für Furore gesorgt.

Immerhin halten die beiden Akteure, Daniel Fries und Sasha Halm als Hugo und Marthe, das Publikum durch exzellentes Spiel eine ganze Stunde lang gebannt auf den Plätzen. Eine Pause ist ihnen lediglich bei der seit einiger Zeit unvermeidlich gewordenen Videoeinspielung gegönnt, die die beiden beim Spazieren und Straßenbahnfahren unweit des Theaters zeigt. Der Applaus des verwöhnten Berliner Publikums ist am Ende zwar nicht lang anhaltend, aber wohlwollend.

Das Stück «Fremdenzimmer» läuft noch bis 7. Juni täglich um 20.00 Uhr. Vom 18. Juni bis 5. Juli steht «Der fliegende Bulle von P.» auf dem Programm.

Dirk Engelhardt

http://www.theaterdiscounter.de