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Streit um Mortier-Rücktritt

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Zoff hinter den Kulissen - Vesper gibt Mortier Rückendeckung im Streit um Ruhrfestspiele - Scharfe Kritik am DGB

Düsseldorf (ddp-nrw). Im Streit um die Zukunft der Ruhrfestspiele gerät der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) zunehmend in die Kritik. NRW-Kulturminister Michael Vesper (Grüne) stellte sich am Freitag hinter den Intendanten der RuhrTriennale, Gerard Mortier, und griff den DGB scharf an. Dieser gefährde mit seinem Verhalten nicht nur die Ruhrfestspiele, sondern auch das positive kulturpolitische Bild, das sich das Ruhrgebiet als Kulturgebiet in den vergangenen Jahren erarbeitet habe. CDU und FDP warfen hingegen Vesper Versagen vor.

«Sollte sich in den nächsten Tagen bestätigen, was ich angesichts des vom DGB gewählten Verfahrens befürchte, dass dort nämlich an einer konstruktiven Zusammenarbeit mit dem Land kein Interesse mehr besteht, dann hätte dies gewiss auch Konsequenzen für die Kooperation zwischen RuhrTriennale und Ruhrfestspielen», mahnte Vesper. Die Ruhrfestspiele waren im vergangenen Jahr unter das kulturelle Dach der RuhrTriennale gezogen. Die künstlerische Leitung war in diesem Jahr an Frank Castorf übergegangen.

Die Ankündigung von Mortier, von seiner gleichzeitigen Intendanz der Ruhrfestspiele zurückzutreten, bedauerte Vesper, zeigte aber zugleich Verständnis dafür «angesichts der Vorgänge der letzten Tage». Der Publikumseinbruch in der ersten Spielzeit unter Castorf müsse zwar eine «kritische und schonungslose Debatte über Ursachen, mögliche Fehler und denkbare Veränderungen auslösen, und zwar unverzüglich». Dies könne und dürfe aber nicht «handstreichartig» passieren.

Der Minister kritisierte, dass der DGB zu einer Sondersitzung des Aufsichtsrates am kommenden Montag eingeladen habe, ohne Mortier und Castorf darüber zu informieren. Auch er selbst als Vertreter des Landes im Aufsichtsrat sei weder über den Termin noch über «Vorgespräche im kleinen Kreis» vorab informiert worden. Bitten, den Termin um kurze Zeit zu verschieben, seien vom DGB «brüsk» zurückgewiesen worden.

Mortier hatte mit seiner Rücktrittsankündigung offenbar auf Bestrebungen des DGB und der Stadt Recklinghausen reagiert, den Vertrag mit Castorf aufzulösen. Dieser war wegen eines dramatischen Zuschauereinbruchs in seiner ersten Saison in die Kritik geraten. Der künstlerische Leiter erhielt auch von Vesper Rückendeckung. Es sei nicht ungewöhnlich, dass eine neue künstlerische Leitung das Publikum neu gewinnen müsse, betonte der Minister.

Der Fraktionsgeschäftsführer der CDU, Helmut Stahl, kritisierte, die «Eskalation der Vorgänge» zeige, dass Vesper das Heft nicht mehr in der Hand habe. «Er hat kulturpolitisch versagt», betonte Stahl. Auch aus der FDP-Fraktion kam massive Kritik. Die Vorgänge um die Ruhrfestspiele seien ein «kulturpolitisches Desaster, für das der zuständige Minister die Verantwortung» trage, sagte die kulturpolitische Sprecherin der Liberalen, Brigitte Capune-Kitka.

Die Ruhrfestspiele Recklinghausen hatten in diesem Jahr einen deutlichen Zuschauerrückgang hinnehmen müssen. In der Premierensaison Castorfs kamen nur 22 000 Zuschauer - im Vorjahr waren es rund 48 000. Castorf hatte bei den Ruhrfestspielen, die in diesem Jahr unter dem Motto «No Fear» standen, viele moderne Inszenierungen gezeigt und damit offenbar etliche Zuschauer abgeschreckt. Gleichwohl wertete er seine erste Saison als «künstlerischen Erfolg».

Wibke Busch