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Verfassungsschutzsymposium zum Thema Musik und Hass

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Musik und Hass - Landesregierung warnt vor Einfluss rechtsextremer Musik - Brandenburg führend bei Verbotsanträgen für CDs und DVDs


Potsdam (ddp-lbg). Brandenburg will die Gefahren durch rechtsextreme Musik stärker im öffentlichen Bewusstsein verankern. Diese Musik stachele zu Gewalt und Rassenhass an, erläuterten Innenstaatssekretär Eike Lancelle und Verfassungsschutzchefin Winfriede Schreiber zu Beginn eines Verfassungsschutzsymposiums zum Thema Musik und Hass am Mittwoch in Potsdam. Die von rechtsextremer Musik ausgehenden Gefahren würden aber bisweilen von Schulen, Eltern und in der Jugendarbeit unterschätzt, mahnte Lancelle. Schreiber wies darauf hin, dass Musik in der rechtsextremistischen Propaganda auch in Brandenburg eine wachsende Bedeutung bekomme.

Die Landesregierung reagiert darauf unter anderem mit einer Flut von Indizierungsanträgen für CDs und DVDs. Kein anderes Bundesland will so viele CDs und DVDs mit rechtsextremistischen und Gewalt befürwortenden Inhalten auf den Index setzen lassen. In diesem Jahr seien bisher 60 Anträge zur Aufnahme von Tonträgern in das Verzeichnis verbotener Werke bei der Bundeszentrale für jugendgefährdende Medien gestellt worden, sagte Lancelle. Das seien zwei Drittel der bundesweit gestellten Anträge. 2004 seien insgesamt 70 von 79 Brandenburger Indizierungswünschen anerkannt worden.

Im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Rechtsextremismus habe Brandenburg auf die Indizierung von Tonträgern einen ganz besonderen Schwerpunkt gelegt, erklärte Lancelle. Denn gerade Musik sei ein «ungeheuer wirksames Mittel zur politischen Indoktrination». Mit Musik verführten Rechtsextremisten Kinder und Jugendliche und verdienten Geld.

Die Politologin Ann-Sofie Susen vom Archiv der Jugendkulturen in Berlin verwies darauf, dass die Verbreitung verbotener CDs auf multimedialem Wege heutzutage «kein Problem» mehr sei. An erster Stelle müsse daher die «offensive Auseinandersetzung» mit den Texten stehen. Die Inhalte seien allerdings nicht mehr offensichtlich rechtsextrem, sondern müssten zumeist erst dekodiert werden.

Schreiber erinnerte daran, dass die NPD im Bundestagswahlkampf 2005 mit Hilfe einer CD um Jungwählerstimmen geworben habe. Dabei bekämen junge Leute menschenfeindliche Texte zu hören. Schreiber sieht einen Zusammenhang zwischen Gewalt gegen Andersdenkende, rechtsextremer Musik und Alkohol. Junge Täter verübten Gewalt regelmäßig an den Wochenendabenden aus einer zahlenmäßig überlegenen Clique heraus.

Lancelle ergänzte, zwischen Alkohol und Gewalt seien unmittelbare Zusammenhänge bekannt. Er regte an, dass an der Fachhochschule der Polizei Arbeiten zur kausalen Verbindung zwischen Musik und Gewalt geschrieben würden.

Mehrere hundert Brandenburger Jugendliche besuchen Jahr für Jahr laut Verfassungsschutz Skinheadkonzerte und Liederabende rechtsextremistischer Sänger und Bands. Der Behörde waren 2004 elf einschlägige Musikgruppen bekannt, die in Brandenburg ansässig waren, spielten und CDs produzierten. Die Polizei registrierte im Vorjahr acht Konzerte mit rechtsextremer Musik, in diesem Jahr waren es bislang vier Veranstaltungen.

Lancelle und Schreiber machten außerdem darauf aufmerksam, dass bis Ende Oktober dieses Jahres 76 Gewaltdelikte einen rechtsextremen Hintergrund hatten. Das sei ein Rückgang von 19 Prozent zum Vergleichszeitraum 2004. Allerdings seien die Propagandadelikte von 568 auf 729 angestiegen.

Das Symposium soll der Auftakt einer Reihe ähnlicher Konferenzen zu Themen wie Antisemitismus sein, mit denen sich der Verfassungsschutz stärker um Aufklärung bemühen will.