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Wahlkampfauftritte und ihre Folgen: Dissonanzen beim Musikschulbau
Ein Baggerbiss ins Nichts
Von Dirk Kühn
GIFHORN. Der Bagger kam, biss und fuhr auf und davon. So begann der Neubau der Kreismusikschule in Gifhorn Anfang September vergangenen Jahres. So begann der Anbau am Gymnasium Hankensbüttel, und auf ähnliche Weise fiel der Startschuss für die Ortsumgehung Meinersen. Drei Projekte, mediengerecht inszeniert in Wahlkampfzeiten, mit drei völlig unterschiedlichen Folgen bis hin zur Folgenlosigkeit.
Dann die Ortsumgehung Meinersen, für die SPD-Landrätin Marion Lau, Niedersachsens Verkehrsministerin Susanne Knorre und Staatssekretärin Angelika Mertens am 27. Juli handgreiflich wurden und den Spaten stachen. Ein Zehn-Millionen-Mark-Projekt, Bauzeit bis Ende 2003. Tatsächlicher Baubeginn war im November. Die Arbeiten verzögerten sich, bevor sie überhaupt begonnen hatten, weil laut Straßenbauamt eine beteiligte Firma "noch üben" musste.
Es wuchs wieder Gras... Und dann die Kreismusikschule. 3,6 Millionen Mark Baukosten, 12 Monate Bauzeit, gut 1300 Quadratmeter Raum für musikalische Ertüchtigung, vom Kreistag beschlossen am 29. Juni 2000. Sechs Tage vor der Kommunalwahl am 9. September 2001 hatte es CDU-Landratskandidat Dr. Klaus Lemke plötzlich eilig, setzte sich höchstselbst ins Führerhaus des Baggers. Die stählerne, gezackte Schaufel grub sich erbarmungslos durch die Grasnarbe, Gitarrero Volker Schlag spielte ein Liedchen und Landrätin Margarete Pertzel räsonierte: "Mit 24 Jahren ziehen Kinder normalerweise von zu Hause aus. Also ist es auch für die Musikschule Zeit für ein neues Domizil."
Der Bagger fuhr, die Wahl kam, Lau gewann, Lemke verlor. Der Neubau der Kreismusikschule fiel dem Staccato der politischen Ereignisse zum Opfer. Vorbei sind die Flötentöne vor der Wahl. Nach mehr als fünf Monaten ist wieder Gras über das Baggerbissloch gewachsen. Kein Fundament, kein Stein auf dem anderem, noch nicht einmal öffentlich ausgeschrieben ist das Bauvorhaben - Silentium!
Dass die Submission noch nicht erfolgt war, dürfte dem Oberkreisdirektor seinerzeit kaum entgangen sein. Dass nach dem 1. November weiterhin nichts geschah, erklärt Landrätin Marion Lau mit der ungewissen Finanzlage. Erst müsse der Kreistag den Haushalt beschließen.
Deutlichere Töne stimmt Helmut Kuhlmann, CDU-Fraktionschef, an. Weitere Querschüsse wolle er nicht dulden. Jede Verzögerung koste Geld. Es gebe weder finanzielle noch sachliche Gründe, das Vorhaben weiter hinauszuzögern. Tusch! Also soll dem Baggerbiss noch eine Grundsteinlegung folgen - vermutlich kurz vor der Bundestagswahl...
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