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Wird Musikunterricht zum Luxus?

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Jugendorchester und Kreismusikschule stehen auf der Vorschlagsliste der Sparmaßnahmen des Kreises

- Von GERHARD ALT -

Kreis Saarlouis. Die Kreismusikschule hat Generationen von Kindern an die Musik herangeführt - das ist musikalische Breitenförderung. Spätere Berufsmusiker machten hier ihre ersten Schritte. Jetzt bangen Schüler, Eltern und Lehrer um diese Einrichtung.

Landrat Peter Winter hat nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts vorgeschlagen, dass der Landkreis bei den so genannten freiwilligen Leistungen sparen könnte. Als solche sind im Jahr 2001 aus dem Kreishaushalt 20450 Euro für die Verwaltung der Kreismusikschule, die im Landratsamt angesiedelt ist, gezahlt worden, 36800 Euro an Lehrerhonoraren. Das macht in der Summe rund 57250 Euro. Musikschulen des Kreises gibt es in Saarlouis, Dillingen, Lebach (mit Schmelz), Saarwellingen (mit Nalbach), Rehlingen-Siersburg, Wallerfangen, Überherrn, Wadgassen und Bous (mit Schwalbach und Ensdorf). Sie alle bilden ein engmaschiges Netz. Im letzten Semester zählte man insgesamt 1215 Schüler. 120 Musiklehrer geben zurzeit Unterricht. Das flächendeckende Angebot ermöglicht eine große musikalische Bandbreite. Die Jüngsten entdecken im Kindergartenalter ihre musikalischen Fähigkeiten. Nach Talent und Neigung können sie dann weitermachen. Und für jeden gibt es den richtigen Lehrer, die richtige Lehrerin. Günter Donie, seit 27 Jahren ehrenamtlicher musikalischer Leiter der Schule (Aufwandsentschädigung 350 Euro), wertet es als ein besonderes Qualitätsmerkmal der Kreismusikschule, dass Lehrer mit Examen oder solche, die an der Musikhochschule studieren, unterrichten. Damit seien die Kriterien des Verbandes Deutscher Musikschulen erfüllt - keineswegs selbstverständlich, denn die Titel "Musiklehrer" und "Musikschule" seien nicht gesetzlich geschützt. "Wir leisten nicht nur Breitenarbeit, sondern auch Spitzenarbeit", betont Donie. Er ruft gemeinsam mit seiner Frau Karin Donie, die Gesangsunterricht erteilt, einige Namen von Schülern in Erinnerung, die über die Kreismusikschule eine musikalische Laufbahn eingeschlagen haben. Henrike Jacob aus Roden nennt er, sie hat als Sopranistin eine internationale Karriere gemacht. Sie singt an den Opernhäusern in Straßburg und Lyon und ist zu den Schwetzinger Festspielen eingeladen. Sabine Becker aus Lisdorf belegte einen besonders stark beachteten zweiten Platz im Bundeswettbewerb "Jugend musiziert". Aloysius Groß aus Nalbach lebt als Konzertpianist in Bochum, und auch Andrea Stöhr aus Dillingen-Diefflen wurde eine Konzertpianistin.

Günter Donie könnte noch viele andere Namen nennen. Und er nennt den "sozialen Faktor". Wenn mehrere Kinder aus einer Familie die Kreismusikschule besuchen, erhält jedes Kind eine Ermäßigung von 25 Prozent. "Wir arbeiten nicht Gewinn orientiert", sagt Donie, "deswegen sind die Preise im saarländischen Mittelmaß." Beim Gruppenunterricht werde der Preis anteilsmäßig aufgeteilt. Es bestehe sogar die Möglichkeit zu einem kostenlosen Ensembleunterricht. Und der Pädagoge Donie hebt hervor, wie sehr Musik zur Bildung einer eigenständigen Persönlichkeit beitrage und einen gesellschaftlichen Nutzen habe. Es sei wissenschaftlich belegt, dass Musikunterricht die Konzentration, Disziplin und Kreativität fördern, das Sozialverhalten entwickelt und "einen relativ preiswerten Beitrag zur Bildung leistet, die so groß gefordert wird". Die Teilnahme am Wettbewerb "Jugend musiziert" ist in die Musikschule integriert. Unlängst stellten Schüler der Kreismusikschule Saarlouis beim Regionalwettbewerb 28 von 26 Preisträgern (erste und zweite Preise). "Das Niveau ist sehr hoch", stellt Donie fest. Er führt dies darauf zurück, dass die Lehrer selbst gute (auch berufsmäßige) Musiker sind - und das färbe ab.

Eine stolze Geschichte hat auch das Jugendsinfonieorchester des Landkreises Saarlouis, kurz Kreisjugendorchester. Donie gründete es vor 24 Jahren und konnte es trotz der altersbedingt vielen Wechsel in der Besetzung zusammenhalten. Es zählt heute 50 Mitglieder und ist das älteste Orchester seiner Art im Saarland. Als förderlich erweist sich immer wieder, dass Instrumente verliehen werden. Eltern müssen keine teure Anfangsinvestition tätigen, ohne zu wissen, ob ihr Kind bei der Stange bleibt. So dienten die 8000 Mark des Saarländischen Kulturförderpreises, den Donie mit seinem Orchester 1997 bekam, zum Kauf eines Fagottes. Von den Hunderten junger Musiker, die das Kreisjugendorchester als Mitglieder und Solisten durchlaufen haben, sind viele heute Berufsmusiker - Donie erwähnt nur die Brüder Rivinius.

"Opfer sind schon erbracht", sagt Donie und erinnert daran, dass die Lehrer vor ein paar Jahren ihren Anspruch auf ein Angestelltenverhältnis aufgeben mussten und seitdem freie Mitarbeiter sind.

Saarbrücker Zeitung
http://www.sz-newsline.de/sls/GAH5PUFU_1.php3
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