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Jeder Instrumentallehrer kennt das Problem: Wo kriegt er einen einigermaßen versierten Klavierbegleiter fürs Vorspiel seines Geigen-, Flöten- oder Celloschülers her? Sabine Springer, Querflötenlehrerin an der Musikschule Stuttgart, kannte dieses Problem ebenfalls nur zu gut. Sie sann auf Abhilfe und fand eine Lösung, nicht nur für sich, sondern auch für ihre Kollegen: die CD zum Mitspielen. Unter dem Label Edition Peters/Music Partner liegen inzwischen über 100 CDs plus Noten und Einzelstimmen vor.
Die Idee der Mitspielplatte war nicht neu. Jeder Musikstudent hatte schließlich in den 80er Jahren mehr oder weniger gute Erfahrungen mit der Serie Music Minus One, MMO, gemacht. Neu war: 1990 hatte sich die Digitaltechnik als Standard durchgesetzt. Die Vorteile der CD lagen auf der Hand: Wiederholungen waren programmierbar, einzelne Sätze konnten direkt angespielt werden, und die Silberscheiben waren nicht so empfindlich in der Handhabung wie die LP und daher auch gut in Musikschulen und Hochschulen einsetzbar. CDs zum Mitspielen, schön und gut. Doch wie wird aus einer Flötistin eine CD-Produzentin? Bei Sabine Springer lagen die Umstände günstig. Sie und ihr Mann waren Toningenieure. Peter Springer war für eine große Schallplattenfirma in Stuttgart tätig und besaß dadurch Know-how sowie gute Kontakte zu Musikern, die für dieses Projekt in Frage kamen. Das Interpretenverzeichnis von Music Partner ist mit Sicherheit einer der Aktivposten der Mitspielserie. Wer will nicht gerne Jörg Demus, Karl Kammerlander, Hans-Jürgen Bock, Siegfried Petrenz, Siegbert Rampe oder Peter Grabinger als Begleiter haben? Und welcher Flöten- oder Geigenschüler träumt nicht von einem Auftritt mit der Sinfonietta Köln, dem Württembergischen oder dem Stuttgarter Kammerorchester? 1990 lag dann die erste CD vor: Flötenquartette, gespielt vom Kalafas Streichtrio, natürlich ohne Flöte. „Wir sind Musiker, keine Kaufleute“, sagt Sabine Springer. „Also brauchten wir einen Partner.“ Mit sechs vorproduzierten CDs im Gepäck reiste die Stuttgarterin nach Frankfurt. Zur Edition Peters. Und zur eigenen Überraschung rannte sie mit ihrer Idee und ihrer Produktion offene Türen ein. Es fanden sich hier tatsächlich zwei ideale Kooperationspartner: Edition Peters mit einem umfangreichen Katalog von Klassikern und Music Partner mit dem Know-how zur CD-Produktion sowie einschlägigen pädagogischen Erfahrungen. Das Resultat ist 1999 ein Katalog mit über 100 Bestellnummern für Noten und CDs einzeln, aber auch die allseits bekannten Ständer im Fachhandel mit Peters-Noten-Ausgaben plus dazugehöriger CD im Set. Edition Peters mit Sitz in Leipzig, London und New York verfügt zudem über ein hervorragend ausgebautes internationales Vertriebsnetz. So nimmt es nicht wunder, wenn sich in zehn Jahren mehr als drei Leitz-Ordner mit Briefen von Benutzern aus der ganzen Welt gesammelt haben. Aus diesen Briefen zieht Sabine Springer manche Anregung für neue Projekte. Hauptvertriebsweg für die Übe-CDs ist der Musikalienhandel, doch Music Partner arbeitet auch mit Tonträgerhändlern wie Saturn, jpc und anderen zusammen. Und sollte das Geschäft mit den körperhaften Tonträgern einmal nicht mehr so gut gehen: „Wir sind auch im Music on Demand, MOD, der Telekom drin“, betont Peter Springer nicht ohne Stolz. Erwähnenswert auch eine neue Schiene, die seit einigen Jahren systematisch aufgebaut wird: das Orchester-Probespiel. Diese Sammlung wichtiger Passagen aus der Opern- und Konzertliteratur umfaßt heute Ausgaben für praktisch alle Blasinstrumente. Ganz neu ist die Chor-„Schiene“: Chorsänger können mit Hilfe von CD und Klavierauszug ihre Stimme üben. Es singen und spielen die Gächinger Kantorei und das Bach-Collegium Stuttgart unter Helmuth Rilling. Auch bei dieser Serie gilt Springers Maxime: „Ich habe keine mechanische Einspielung im Sinn, sondern möchte Musik auf die CD kriegen.“ „Wir haben vier Partner“, führt Springer weiter aus. „Die Interpreten, die Technik, die Komponisten und ihre Werke natürlich und, seit neuestem, den Computer.“ Seit Computer in der Lage sind, Tonart und Tempo ohne Veränderungen der Tonhöhe zu variieren, experimentieren die beiden Springers mit diesen neuen technischen Möglichkeiten. Music Partner bietet beispielsweise das Mozart-Klarinettenkonzert in Fassungen für A- und B-Klarinette an. Dank moderner Computertechnologie wurde das Werk einfach von A-Dur nach B-Dur transponiert. Doch diese Richtung wollen Springers nicht weiterverfolgen, da gibt es „musikalische Skrupel“. Wer diese Technologie einsetzen will, könne sie mittels entsprechender Computersoftware selbst anwenden und die Mitspiel-CDs den eigenen Bedürfnissen entsprechend transponieren. Eingesetzt wird die Computertechnik von Music Partner allerdings bei einigen Klavierkonzert-Ausgaben: Hier spielt das Orchester einmal in der Hausstimmung (440 Hertz) oder der Orchesterstimmung (443 Hertz).