It’s bald wieder Aufnahmeprüfungstime. Das ist spannend und ich bin vergnügt! Beim Durchwühlen der Partituren – und das ist nun kein origineller oder neuer Befund – fällt auf, dass jene Partituren, die vom Genre neuer Musik europäischer Prägung wissen, in der Regel acht Minuten dauern. Ein gescheiter Popsong dauert so zweieinhalb Minuten, eine Tagesschaunachricht dauert eineinhalb, dieser Text hat 1.584 Zeichen und neue Musik von Studierenden dauert acht Minuten. Für das Abschlusskonzert dauert neue Musik zwölf Minuten. Für einen ersten bezahlten Auftrag dann wieder acht bis maximal zehn Minuten.
Ein erstes Orchesterstück dauert 15 Minuten. Hat man sich etabliert, dauert es über 20 Minuten. Ist man ein Held, hat man eine Konzerthälfte – das hat den Vorteil, dass man sich einerseits austoben kann und andererseits nicht von fünf anderen Achtminütern aufgefressen wird.
Mein „Donaueschingen-Stück“ – zum Beispiel – wurde von Mark Andre aufgefressen … (Autsch.) Natürlich ist es schicker, über Inhalt zu sprechen. Aber vor lauter Inhalt geht die Form flöten, und die kann ja auch Inhalt sein. Man stelle sich Webern vor, während er Formen füllen muss, auf die er keinen Bock hat. „Heast – acht Minuten??? Seid’s deppat?“
Meine „Flucht“ ins Theater hat natürlich zunächst mit der (in meinem Fall) wirklich hemmungslosen Liebe zum Theater zu tun – aber: hier bestimme ich (weitgehend) die Zeit. Ein perfekt austariertes Konzert ist der Henker der Kunst. Lasst Unkraut sprießen und verbiegt die Rahmen – sonst gibt es die nächsten Jahrhunderte wieder nur Stücke, Stücke, Stücke …