„Bin ich da schon drin, oder was?“, faselte Boris Becker nicht nur im 1999 erschienenen AOL-Werbespot, sondern eventuell auch etwas unbeholfen bei der oft kolportierten wie zufälligen Zeugung seiner Tochter Anna Ermakova in einer Besenkammer. Kennen Sie, oder? Also die Besenkammer-Geschichte. Die Schlüpfrigkeit bitte ich zu entschuldigen. Sie ist unvermeidlich, um meine Empörung zu verstehen.
Anna Ermacover
Anna Ermakova wird also durch eine Gemengelage aus Schlamperei und Halbbildung die Tochter des Tennisgiganten Boris Becker. Blöd nur, wenn Daddy die Kohle bereits in ostdeutschen Autohäusern verprasst hat und nichts mehr da ist. Dann eben Plan B: arbeiten als Promikind. Mal tanzt man im Promizirkus „Let’s dance“, mal stolpert man über den Model-Laufsteg und dann – bitte jetzt höchste Empörung – singt man.
Und weil die jungen Halbpromi-Hühnchen ihre Bedeutung gerne maßlos überschätzen, donnert Becker-Tochter Anna Ermakova mit einem Granatensong in ihre Musikkarriere. Oder wie es Sodbrand verursachende Presseinfo nennt: „Anna Ermakova geht den nächsten Schritt auf der Kreativ-Leiter“. Kreativ-Leiter? Da ist wohl ein „t“ reingerutscht. Deswegen covert man also Klassiker wie „Behind Blue Eyes“ von The Who. Wow. Auf die Idee sind ja erst zehn Künstler vorher gekommen. Dennoch entblödete sich das Presseinfo nicht, folgende ernst gemeinte Sätze zu schwurbeln: „Auf ihrer Single „Behind Blue Eyes“ erzählt sie (Anna ist gemeint, Anm. des überforderten Autors) auf emotionale Art und Weise ihre Geschichte. Und man möchte … hören, wie sie sich fühlt, wenn sie singt: „No one knows what it’s like to be a sad girl behind blue eyes“. Ihre wunderschönen blauen Augen korrespondieren perfekt mit dem soften Beginn des Liedes, welches im späteren Verlauf an Fahrt gewinnt.“ Gewinnt an Fahrt?
Eine Autoscooter-Ansage auf der Kirmes ist dagegen philosophisch. Um Gottes Willen. Das kommt heraus, wenn KI die Pressearbeit übernimmt. Erstens. Niemand möchte Annas Geschichte hören. DAS IST EIN COVER. Not her lyrics. Not her music. Zweitens. Niemand möchte diesen spooky, gemüsebrühigen Flüstertütengesang hören. Drittens. Niemals korrespondieren Augen mit dem soften Beginn eines Liedes. Sie sind zu. Oder offen. Oder rollend. Siehe Pressetext und Gesang. Vor meinem geistigen Auge (wie originell!) sehe ich einen tobenden The Who-Gitarristen Pete Townshend, der ob des Covers unzählige Gitarren in Verstärker und Schlagzeuge schmettert. Angeblich gibt es in England bereits online Petitionen, die Annas Erziehungsberechtigten (und abgeschobenen Ex-Häftling) Boris Becker wieder gerne in England re-inhaftieren würden, um eine gerechte Strafe für das Cover-Vergehen seiner Tochter durchzusetzen. Zurecht. Denn was bitte kommt als Nächstes? Ein Duett von Anna und Boris (Jailhouse Rock?) oder ein gemeinsames Album von Boris Becker und Alfons Schuhbeck (Live aus der JVA Landsberg?). Wer jetzt kein Magengeschwür hat, hat die Musik nie geliebt.
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