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Hinter der Mauer gibt es Leben. Symbolfoto: Hufner
Hinter der Mauer gibt es Leben. Symbolfoto: Hufner
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Auf der Lauer, unter der Mauer - Ferchows Fenstersturz beim musikalischen Mauerfall

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Humba Humba Dä Dä Rä! Pünktlich zum 20. Jubiläum krochen sie wieder unter den letzten Mauerresten hervor: die Barden der Einheit. Jene, die bereits verwesen und jene, die sich halt ein bisschen Mauerstaub auf die Schulterklappen streuen lassen und den aktiven Zeitzeugen mimen. Bestäubt von den Politbüros der Musikindustrie. Doch weil deren Marketingkonzepte keine Einheitslösung zum Mauerfall-Soundtrack fanden, durfte eben jeder, dessen Schäferhund dritten Grades mit „Glasnost & Perestroika“ in direkter Blutlinie steht, auf einer der gedankenlos gestreuten Gedenkfeiern leiern, johlen oder musizieren. Aber wer hat nun den finalen Soundtrack zum Mauerschubsen geliefert? Entscheiden Sie selbst.

Kandidat Eins: die Scorpions. Die schrödersche Privatkapelle wurde an ihren nicht mehr vorhandenen Haaren herbeigezogen und musste „Wind of Change“ so ausgiebig trällern, bis selbst dem letzten Einheitsfan die Tränen kullerten. Nicht weil es so schön war, sondern weil nun alle die Leiden des Saddam Hussein nachvollziehen konnten, den die Amis mit Klaus Meines Gebläse aus dem Erdloch trieben.

Kandidat Zwei: Bon Jovi. Sie wurden vom ZDF und ihrer Plattenfirma ins Rennen geschickt und präsentierten ihren neuen Hit „We weren’t born to follow“. Stimmt. Höchstens „to folter“. Wie die US-Rocker historisch in den Mauerfall verwickelt waren blieb ungeklärt. Zumal wir davon ausgehen, dass sie a) nur ihr just erschienenes Album untermauern wollten und b) an Europa ohne GPS sowieso vorbeifliegen würden.

Kandidat Drei: Peter Ramsauer. Der Zinnsoldat aus Oberbayern flötete festtagsschädlich den Wessi-Blues: Schluss mit lustig und vor allem Aufbau Ost.

Kandidat Vier: Helmut & Reichstagsboys am 3. Oktober 1990 mit ihrer schludrigen Nationalhymne vor dem Berliner Reichstagsgebäude. Zum Intro Pfiffe, zum Outro Buhrufe und mittendrin der Knabenchor mit Lafo, Willy, Genschman und Richie.

Kandidat Fünf: David Hasselhoff mit „Looking for Freedom“. Einst professioneller Strandbojenträger, jetzt wandelnder Alkomat. Tja, wer soll denn nun die Wonderwall sein? Kandidat Eins, der pfeifend haarlos wird, Kandidat Zwei, der stets singt, was er nie lebt, Kandidat Drei, der tolpatschige Problembär, Kandidat Vier, der blühende Oktaven verspricht oder Kandidat 5, der torkelnde Friedensrichter? Entscheiden kann das in Deutschland nur einer: der Chartinator Oliver Geissen. Erst wenn seine „100 ultimativen Charthits der Einheit“ vom Zentralkomitee der Charts (Media Control) ermittelt wurden, dürfen wir den tragischen Sieger küren. Vielleicht gibt es aber gar keinen Mauersoundtrack, denn insgeheim soll die wahre Hymne zum Mauerkollaps für viele Deutsche von der Band „Middle Of The Road“ stammen. Die fragten einst „Where‘s your mama gone?“, was als deutsche Coverversion längst adaptiert wurde und frei skandiert im gleichen Rhythmus heißt: „Baut die Mauer auf“.

Versuchen Sie es ruhig mal zu Hause. Unter der Dusche. Erst mal leise. Es funktioniert.

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