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Ich bin ein verzauberter Radio-Moderator. Foto: Hufner
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Cluster 2021/03 – Martin Hufner
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Das Kulturradio stirbt. Nicht aus Mangel an Bedarf, sondern weil es immer dürftiger auftrumpft im Zeichen von Digitalisierung und Crossmedialität. Es ist gefangen in der Vorstellung, unbedingt etwas ändern zu müssen, um „up to date“ zu sein. Heute ist man mit den Funk-Tankern aber nach wie vor leider „up-to-late“ – während man noch auf Instagram schmust, ist die eine Karawane längst weiter gezogen zu TikTok, die andere zu Klopstock – Sie wissen schon: Auferstehn! Mahler Zwo und so.

In Berlin ist es rbb-kultur, das sich zur Klassik-Schmuse-Welle entleert. Die neue Wellenchefin bekam das in einer Sendung mit Hörer*innenbeteiligung heftig zu spüren. Auf der Neoklassik-Soundabfahrt nimmt man noch Blockbuster-Filmmusik gleich mit ins Kulturgrab.

Bei WDR 3 tönt es ähnlich: Vor zwei Jahren verblubberte die Jazz-Sendestrecke mit Wohlklangmoderator*innen im Playlistmodus mit Restregionaltupfern. Aber diese Tupfer sind definitiv zu klein für den Ausblutungsprozess, der dort massiv zur Enthirnung führt. Dem Hessischen- Rundfunk-Umbau stellte sich die Coronapandemie in den Weg, sonst hätte man auch dort schon tief in die musikalische Leere schauen dürfen. Allein die kleinen Redaktionen der Neuen Musik und so manche Jazz-Redaktion bietet noch Widerstand. Und mancher unbelehrbare Wichtel, der darauf besteht, dass in der Kultur vor allem die unbedingte Perspektivität der Kunst die Last aller gedanklichen Lust trägt. Deswegen muss weg, was nicht von selbst sterben möchte: das alte Publikum nämlich. Man vergräzt es auf der Suche nach neuen Zielgruppen, jünger als 35 Jahre. Denen schenkt man Anbiederung ein, traut ihnen nichts zu und kann ihnen daher auftischen, was sie tinderschnell zur Seite wischen. So sagte Anja Würzberg, die Wellenchefin von NDR „Kultur“ auf einem Symposium zur Zukunft des Musikjournalismus, das das Institut für Musikjournalismus der Musikhochschule Karlsruhe im Februar veranstaltet hatte, dass die Hälfte der linearen Zuhörerschaft ihrer Welle von täglich 234.000 Personen über 70 Jahre alt wäre und das Durchschnittsalter bei 64 Jahren liege. „Dass das in diesen Zeiten sicherlich nicht ausreichend sei, dürfe ja wohl jedem plausibel sein“, meinte sie. Warum aber? Weil die bald sowieso sterben und alle anderen ewig jung blieben? Damit wiederholt sie nur den Vorwurf, den die Kulturwellen seit 70 Jahren hören. Vielleicht könnte man auch mal anders denken: Obwohl unsere Programme immer flacher geworden sind, hören wenigstens noch die über 70-Jährigen zu. Vielleicht sollten die Funkleute überlegen, ob man gerade die Jüngeren Ernst nehmen und etwas mehr intellektuellen Anspruch wagen sollte.

Die Klassikresterampe im Null-Neuronen-Stil hat allerdings zur Folge, dass auch die letzten Kulturmoleküle irgendwann entsorgt sein werden. Noch fügt sich nicht jede und jeder in den redaktionsinternen Abgesang der Kulturradios ein. Noch atmet es manchmal tief den Duft aus anspruchsvoll komponierten Sinnes- und Geistesmenüs. Doch die technokratischen Sklav*innen, die lieber ihre Ausspielwege bedienen als grundinteressierte Menschen, marschieren unerbittlich voran.

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