Neulich, auf der Suche nach Konzertkarten, in einem großen Berliner Konzerthaus. Ein Blick ins Programm. Karten für fast alle Konzerte waren zu haben. Aber es gab Sonntag gegen 11 Uhr Konzerte, die ausverkauft waren. Nichts zu holen. Konzerte, in denen Erwachsene vor allem als Begleitpersonen vorgesehen waren. Rappelzappeldicht. Generell sieht es so aus, als ob Konzerte mit Kindern der Renner sind.
Der Historiker Götz Aly erwähnte einmal in der Berliner Zeitung einen Besuch von „Tristan und Isolde“ in Weimar vor halbvollem Haus. Und er fragte, welche Konzerte denn hier so gingen. Als Antwort erhielt er: „Babykonzerte, die sind der Renner. Sie sind für das laufende Jahr ausverkauft und werden wegen des großen Erfolgs weitergeführt.“ Haben wir hier einen Umbruch der Konzertlandschaft schon längst hinter uns, von dem uns die großen Konzertzyniker aus Friedrichshafen erzählen, er wäre so bitter nötig? Wegen des demografischen Wandels und so?
Das Problem dabei: Man könnte wohl oder übel die Konzerthallen mit Babys, Kindern und anderem Kleinzeugs samt Aufsichtspersonen spielend füllen, aber Babys und Kinder haben einen vollen Tagesplan und ihre Aufsichtspersonen auch. Die Konzerthäuser müssen einfach mal schnell eins und eins zusammenrechnen, dann ist es klar: Die Konzerte können bleiben wie sie sind, nur das Publikum muss ein anderes werden und es ist ja schon da, gerade in den Großstädten.
Auf dem Lande können sich Kinder ja auch anders beschäftigen. In den Wald gehen, Dämme bauen wie Biber, Würmer sammeln, den Berg herrunterrollen, Verstecken spielen etcetera. Elementare Lebenserfahrungen machen. Mindestens Ferien auf dem Bauernhof, wenigstens das, statt Ferien im Konzertsaal. Eher verschwindet die Natur als die Kultur. Und es beschleicht mich die bange Frage, wie lange es dauert, bis hier die neuen Heilspädagogen auftreten und „Natur für Kinder“ installieren oder „Elementare Naturpädagogik“ predigen werden.