Fußballerisch ausgedrückt: Not gegen Elend. Harmloses Songwriting trifft amateurhafte Produktion. Dünne Stimmchen werden mit Autotune gedopt, lausige Arrangements wabern zwischen Synthesizern der Vor-Flippers-Ära und einem Drum Beat aus der Hölle, für den Tupac oder Notorious B.I.G. ihre Produzenten zweifellos einem Drive-by-Shooting unterzogen hätten. Angriffsbemühungen sind dem Song nicht zu entnehmen. Nun, das breiige Liedchen passt zum hochgejazzten Zustand des Fußballs.
Dreierkette des Pop-Grauens
Es wird kaschiert und aufgebauscht, um dem Volk EM-Stimmung zu oktroyieren. Die Stimmungen, die mir bei „Fire“ in den Sinn kommen, scheinen mir allerdings erstrebenswerter als den Song auch nur ein weiteres Mal zu hören: Mit dem Hammer den Daumennagel schwarz klopfen, mit dem großen Zeh den Türrahmen spalten oder einfach am Badesee in einen Ameisenhügel setzen. Jetzt fragt man sich zu Recht, wer diese taktlose Dreierkette des Pop-Grauens verbrochen hat. Mutmaßlich ein extra gegründetes UEFA Gremium, das erstmal Geld dafür kassiert hat, überhaupt im Gremium zu sitzen und dann die Hand aufhielt, um Songvorschläge zu goutieren. Und sich „credits“ als Produzenten sicherte, man will ja danach noch Tantiemen kassieren. Einziges Song-Kriterium: Er darf nicht laut sein. Schließlich sind die Entscheider Greise. Approximatives Durchschnittsalter: 83.
Da fiept es natürlich im Sponsoren-Hörgerät, wenn die Gitarren quietschen und der Bass knurrt (um mal im Marketingjargon zu bleiben). Mutmaßlich sprechen wir freilich von einem Funktionärs-Gremium der guten Zeit: reine Männersache. Frauen bringen Kaffee, Menschen mit Handicap haben doch immerhin extra Plätze im Stadion und queer sind ja wohl eher die Pässe von Toni Kroos. Das Publikum hat den Braten übrigens längst gerochen. Lange vor Veröffentlichung des Songs brach ein sozialer Shitstorm über Sängerin Leony herein. Was auf den hervorragenden Geschmack des Fußball-Publikums schließen lässt. Die wissen doch, dass wieder so ein gestelzter Schlager-Pop-ESC-Rotz auf sie zukommt. Aber: Das Spiel ist aus! Ab sofort laufen sämtliche Bewerbungen für offizielle Fußballsongs über meinen Tisch. Patent ist gesichert. Und ich habe große Sympathien für Roland Kaiser.
Kein Spaß jetzt!