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Sven Ferchow. Selfie

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Ferchows Fenstersturz 2024/06
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„Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen…“ Sie erinnern sich? Gratulation zu Ihrer Gesundheit. Damals war Fußball einfach. Spielen. Gewinnen. Verlieren. Und vorher die Nationalhymne. Heute gibt es zu jedem Fußball--Ereignis einen Song. Für die kommende EM und den zugehörigen Song haben sich drei absolute „big player“ gefunden: OneRepublic (das fehlende Leerzeichen ist natürlich ein „Burner“), -Meduza und Leony (beim „y“ am Ende könnte ich schon wieder ausrasten!). Anders formuliert: eine US-Boyband, ein italienisches Dance-Trio und eine Sängerin aus der Oberpfalz sind die Mannschaft, die den offiziellen UEFA Song „Fire“ – na ja – irgendwie zu lange im Feuer schmieden ließen. Denn was rauskommt, ist an Substanzarmut kaum zu unterbieten. 

 

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Fußballerisch ausgedrückt: Not gegen Elend. Harmloses Songwriting trifft amateurhafte Produktion. Dünne Stimmchen werden mit Autotune gedopt, lausige Arrangements wabern zwischen Synthesizern der Vor-Flippers-Ära und einem Drum Beat aus der Hölle, für den Tupac oder Notorious B.I.G. ihre Produzenten zweifellos einem Drive-by-Shooting unterzogen hätten. Angriffsbemühungen sind dem Song nicht zu entnehmen. Nun, das breiige Liedchen passt zum hochgejazzten Zustand des Fußballs. 

Dreierkette des Pop-Grauens

Es wird kaschiert und aufgebauscht, um dem Volk EM-Stimmung zu oktroyieren. Die Stimmungen, die mir bei „Fire“ in den Sinn kommen, scheinen mir allerdings erstrebenswerter als den Song auch nur ein weiteres Mal zu hören: Mit dem Hammer den Daumennagel schwarz klopfen, mit dem großen Zeh den Türrahmen spalten oder einfach am Badesee in einen Ameisenhügel setzen. Jetzt fragt man sich zu Recht, wer diese taktlose Dreierkette des Pop-Grauens verbrochen hat. Mutmaßlich ein extra gegründetes UEFA Gremium, das erstmal Geld dafür kassiert hat, überhaupt im Gremium zu sitzen und dann die Hand aufhielt, um Songvorschläge zu goutieren. Und sich „credits“ als Produzenten sicherte, man will ja danach noch Tantiemen kassieren. Einziges Song-Kriterium: Er darf nicht laut sein. Schließlich sind die Entscheider Greise. Approximatives Durchschnittsalter: 83. 

Da fiept es natürlich im Sponsoren-Hörgerät, wenn die Gitarren quietschen und der Bass knurrt (um mal im Marketingjargon zu bleiben). Mutmaßlich sprechen wir freilich von einem Funktionärs-Gremium der guten Zeit: reine Männersache. Frauen bringen Kaffee, Menschen mit Handicap haben doch immerhin extra Plätze im Stadion und queer sind ja wohl eher die Pässe von Toni Kroos. Das Publikum hat den Braten übrigens längst gerochen. Lange vor Veröffentlichung des Songs brach ein sozialer Shitstorm über Sängerin Leony herein. Was auf den hervorragenden Geschmack des Fußball-Publikums schließen lässt. Die wissen doch, dass wieder so ein gestelzter Schlager-Pop-ESC-Rotz auf sie zukommt. Aber: Das Spiel ist aus! Ab sofort laufen sämtliche Bewerbungen für offizielle Fußballsongs über meinen Tisch. Patent ist gesichert. Und ich habe große Sympathien für Roland Kaiser.

Kein Spaß jetzt!

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