Endlich kümmert sich jemand um das verfilzte Musikerpack! Sind wir doch ehrlich. Diese langhaarigen Subjekte waren uns schon seit der Kelly Family suspekt. Und den Behörden. Erwischt hat man nun die Musikerin Ronja Maltzahn. Mit ihren ungewaschenen Dreadlocks wollte sie als weiße Musikerin bei einer Klimaschutzveranstaltung auftreten. Mit Dreadlocks! Als Weiße! Nicht mit unserem Verfassungsschutz, äh… ich meinte unserer Klimaschutzbewegung Fridays for Future, Ortsgruppe Hannover. Die hat Ronja schön ausgeladen. Mit Begründung. Denn: „Weiße Menschen sollten keine Dreadlocks tragen“ und „Ronja würde sich die Frisur kulturell aneignen ohne dabei die systematische Unterdrückung von schwarzen Menschen zu erleben“, was insgesamt nicht zum „antikolonialistischen und antirassistischen Narrativ der Veranstaltung in Hannover passe“.
Das gilt übrigens genauso für jede Vokuhila-Frise. Um das klar zu stellen. Nun gut. Nach einem Besuch in der Unibibliothek und Rücksprache mit Anthropologen sollte wirklich jeder in diesem Land, dem der Klimaschutz heilig ist, hinter dieser Argumentation stehen. Okay. Wird schwierig, das Brandenburger Tor mit durchgestrichenen Dreadlocks zu beleuchten. Aber im Geiste sind wir alle Fridays for Future. Und gegen diese lausige Demütigung ganzer Kulturen. Da muss Ronja gar nicht auf „Möchtegern-Peace“ machen. Schließlich gab man ihr die Chance, trotzdem aufzutreten: „Solltest du dich … dazu entscheiden, deine Dreadlocks abzuschneiden, würden wir dich natürlich auf der Demo begrüßen und spielen lassen“, bot die FFF Ortsgruppe Hannover an. Sehr generös, wie ich finde. Finden unsere Querdenkkräfte im Lande überraschenderweise nicht. Die haben schnell ihre Transparente umgedreht: Und weil sie irgendwie in einer Art Dauerwelle gefangen sind, haben sie gleich (mit Feuerlöscher auf dem Rücken und in Sandalen) weitergejault, das sei ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte. Jemanden zum Abschneiden der Haare aufzufordern.
Liebe Ronja, liebe Querdenkkräfte, man muss nicht immer übertreiben. Es gibt nämlich Musikerinnen und Musiker, die glücklich wären, wenn sie solche Probleme hätten. Also mit langen Haaren. Fragt bei Klaus Meine von den Scorpions nach. Oder bei DJ Ötzi. Hier heißt es Mützenpflicht. Oder Mut zur Fleischsemmel. Mir persönlich geht die Aktion von FFF allerdings nicht weit genug. Denn wofür wurde eigentlich die Ampelkoalition gewählt? Damit auch körpernahe Dienstleistungen künftig überwacht werden und einem klimaneutralen Ziel dienen. Wenn hier jede und jeder aussieht, wie sie oder er will, wird ganz schnell Wirklichkeit, was der bayerische Philosoph Hans Söllner vor über 30 Jahren als beängstigende Vision vertonte: „Meine Hoar wer‘n oiwei länger, oiwei kirzer mei Verschtand, des song d’Leit scho iba mi, I war a Schand fiar‘s Vaterland“ (Übersetzung: „Meine Haare werden immer länger, immer kürzer mein Verstand, man redet schon über mich, ich wäre eine Schande fürs Vaterland“).