Na, wie sind die letzten Tage in Freiheit? Gefängniskoffer schon gepackt? Sollten Sie, denn Ihre kriminelle Energie ist seit Jahrzehnten vorsätzlich. Seit Dekaden ruinieren Sie einen Musikverlag. Und zwar an jedem Geburtstag, an dem Ihnen eine aktive oder passive Mittäterschaft nachgewiesen werden kann. Gemeint ist der peinliche Moment, in dem man meuchlings von Freunden überfallen wird, die einem ein grottiges „Happy Birthday“ krakeelen. In sekündlich wechselnden Tonarten. Weil stets der Schlaumeier anstimmt, der sonst keinen Pieps von sich gibt. So steht der erbärmliche Haufen da, Ballons am Kopf, Luftschlangen um die Taille, Pappbecher in den Pfoten und den selbstgebackenen Saharastaub in einer Tupperware-Box balancierend.
Und das ist nicht der Gipfel. Denn wenn es darum geht, „to you“ durch den Namen des Opfers zu ersetzen, wird es musikalisch rechtswidrig. Weil „liebe Kirsten-Chantal“ silbenmäßig hoppelt, purzeln die Takte durch die Weiten der Musiktheorie. Während die einen in Echtzeit einen Kosenamen für Kirsten-Chantal suchen, den es für die „fette Kuh“ (Vorsicht: Mobbing!) aber nicht gibt, der sich aber ins Taktschema pressen lässt („liebe Chanti“), rumpeln die anderen durch rüdes Silbenverschlucken zum Ende, um endlich die handwarm kochende Tussi-Brause runterzukippen.
Tödlich wird es, wenn es sich um den Chef handelt. Nachdem man 364 Tage geschworen hat, „dem Arsch nie mehr zu gratulieren“, wälzt sich die Schleim-Karawane dann doch gen Chefbüro. Wieder höchste Peinlichkeitsstufe. Kann man „den Arsch“ im Song duzen? „Lieber Heini“ passt eben besser als „lieber Herr Meyer-Gümpelsheim“, mag aber zu jovial klingen. Aus dieser Hass getränkten Unsicherheit entsteht ein „Split“-Chor. Die einen, wissend den Chef durch Entgleisungen auf der Weihnachtsfeier erpressen zu können, singen den „Heini“. Die anderen, den Chef nur von Poklopfern kennend, bleiben beim Sie, um nicht eine Einladung zur sexuellen Belästigung auszusprechen. Ist das überlebt, geht es um den Ausweg. Denn der Song endet meist mit einem Spaßvogel, der den Pavarotti gibt und das finale „You“ Richtung Mausoleum knödelt. Dann Stille.
Den Singenden wird klar, dass die Karriere, sogar Freundschaft endlich ist. Nun fragen Sie: Warum soll ich jetzt in den Knast? Nun, der Medienriese Warner besitzt die Rechte an „Happy Birthday“. 25 Mille hat man hingelegt. Und verdient jährlich 2 Mille an Nutzungsrechten. Die will man nun knallhart durchsetzen. Nun zählen Sie mal, wie oft Sie „Happy Birthday“ geleiert haben und multiplizieren es mit fünf. Das ergibt Ihre Gefängnisstrafe. In Tagen. Coole Aktion von Warner. Endlich greift jemand durch. Schluss mit den winselnden „Happy Birthday“-Chören. Von wegen Volkslied, das für alle da ist. Schaffen Sie Ihren Geburtstag ab. Sie haben ja bald Zeit. In der Resozialisierung. Ich habe mir jedenfalls die Urheberrechte für „Prost Mahlzeit!“ und „Mein lieber Herr Gesangsverein“ sichern lassen. Vorsicht, gell!