Leserbrief zu nmz 2/07, S. 40f., „Aus alter Last wird neue Lust“
Der Orchestervorstand der Staatskapelle Halle äußert sich im unten stehenden Text zum Artikel „Aus alter Last wird neue Lust“ von Peter Dannenberg. Die Redaktion kann aus dem Artikel die Dannenberg vorgeworfenen Fehlinformationen nicht herauslesen. Im Gegenteil hat sich bestätigt, dass die Zahlen exakt recherchiert sind. Der Autor beschreibt sachlich, wie in einer Stadt mit einem problematischen Haushalt das zweitgrößte Orchester in Deutschland formiert wurde und erhalten bleiben soll. Dabei referiert er die Pläne der Stadt, bei weiterer dramatischer Verschlechterung ihrer Haushaltslage (die Zwangsverwaltung durch das Land droht) das Orchester auf 105 Musiker zu verkleinern. Und er hält dagegen, dass bei allen diesen Rechenspielen die künstlerische Qualität ausschlaggebend sein muss. Die nmz sieht es als ihre Aufgabe, über kulturpolitische Diskussionen wie diese zu berichten und sie auch mitzuführen. Lesen Sie im Folgenden die Sicht des Orchestervorstands Staatskapelle Halle zum Thema.
Mit Befremden mussten der Orchestervorstand und zahlreiche Kollegen der Staatskapelle Halle den oben genannten Artikel von Peter Dannenberg in der jüngsten Ausgabe der nmz zur Kenntnis nehmen. Der Artikel enthält sachlich falsche Informationen und vermittelt in der Öffentlichkeit ein falsches Bild über die Entstehung und Zukunft der Staatskapelle Halle.
Um nur einige der von Herrn Dannenberg in Umlauf gesetzten Fehlinformationen zu korrigieren, möchten wir darauf hinweisen, dass das Orchester des Opernhauses Halle und das Philharmonische Staatsorchester Halle zu Beginn des Fusionsprozesses nicht 172, sondern zusammen 197 Musiker umfassten. Mittlerweile ist in der durch Fusion entstandenen Staatskapelle Halle eine Personalstärke von 172 Musikern erreicht worden, die laut Stadtratsbeschluss vom 25.6.2003 bis zum Ende des Jahres 2007 auf 152 Stellen verringert werden soll. Diese Anzahl wird in einem bis zum 31.7.2009 geltenden Haustarifvertrag bestätigt und durch eine Klausel gegen betriebsbedingte Kündigungen abgesichert. Zusätzlich werden die momentan noch bestehenden „Personalüberhänge“ in einem weiteren Haustarifvertrag durch Gehaltsverzicht aller Musiker kompensiert.
Vor diesem Hintergrund halten wir es für unverantwortlich, wenn Herr Dannenberg schreibt, das Orchester solle „nach der zunächst sehr großzügigen Vorgabe der Stadt bis zum Ende der Spielzeit 2010/11 auf 130 (Stellen) reduziert werden“. Außerdem wolle die Stadt angesichts der Haushaltslage nun „so früh wie möglich die Orchesterstärke auf 105 begrenzen“. Obwohl es sich bei diesen Aussagen lediglich um Pläne handelt, die dem Stadtrat noch gar nicht zur Entscheidung vorliegen, erweckt Herr Dannenberg den Eindruck, als sei die Entlassung von 67 Kollegen bereits so gut wie beschlossene Sache. Er macht sich dies zur eigenen Überzeugung, indem er schreibt, die Staatskapelle habe „zu viele Musiker“ und es sei klar, dass „das Orchester noch um weitere Stellen reduziert werden muss“. Zur Entlassung von demzufolge 40 Prozent aller derzeit in Halle engagierten Orchestermitglieder bemerkt Herr Dannenberg lediglich: „Die Wahrung sozialer Besitzstände einzelner Musiker kann für die Kriterien bei der Zusammensetzung des Orchesters nicht allein entscheidend sein. Auch die Neueinstellung begabter junger Musiker darf natürlich nicht tabu sein, will man den künstlerischen Standard des Orchesters halten.“ Soll also jedes Orchestermitglied auf den Prüfstand und gegebenenfalls durch einen jüngeren Musiker ersetzt werden?
Es ist bedauerlich, dass die nmz Herrn Dannenberg eine Plattform bietet, um einen Kulturabbau herbeizureden, gegen den der Orchestervorstand der Staatskapelle Halle, unterstützt von Kommunalpolitikern und engagierten Bürgern, seit Jahren ankämpft.