Was ist denn jetzt nun wirklich los mit der Kultur? Eine Aufgabe für die gesellschaftliche Notfallmedizin, wie die Autoren des Buches „Der Kulturinfarkt“ meinen? Eine Angelegenheit fürs Sanatorium („Kultur gut erhalten“ – Deutscher Kulturrat) oder doch eher ein Fall für die Sterbehilfe (Piraten, Raubkopierer, Digitale Naive)?
Geht’s uns zu gut mit der Kultur oder geht’s uns zu schlecht mit ihr? Haben wir zu viel oder zu wenig, zu ähnliche oder zu unterschiedliche Kulturphänomene? Brauchen wir ein Management derselben und/oder eine Vermittlung derselbigen? Regelt es der Markt oder ordnet es der Staat? Tut es der Bund, das Land, die Kommune oder das bürgerschaftliche Engagement? Richtet es der Leuchtturm oder braucht es die Breite, die Masse? Reguliert es die Quote oder der Redakteur? Ist es Erholung oder Erbauung, Unterhaltung oder Belehrung? Verfall, Degeneration oder Erneuerung und Schöpfung? Tradition oder Avantgarde? Konvention oder Innovation? Geld, Wert oder Geist? Tanz, Taumel oder Kontemplation? Geschäft oder Geschenk? Gewinn oder Verlust? Bremse oder Beschleunigung? Kopf oder Bauch? Zahl oder Bild? Saal oder Straße? Keller oder Elfenbeinturm? Perücke, Vollhaar oder Glatze – siehe Cluster von Gordon Kampe? Privateigentum oder Gemeingut? … beliebig fortzusetzen …
Auf all diese Fragen werden immer wieder Antworten gegeben. Positioniert man sich auf einer der beiden Seiten, verfehlt man den Kern des kulturellen Gesamtgefüges; positioniert man sich gar nicht, landet man in der Beliebigkeit einer egalitären Kulturwatte. Beides ist zu fürchten. Irgendwann wird man einsehen: Kultur ist nicht die Antwort, sondern die Frage.