Mit „JeKi in den Alltag der Kinder integrieren“ war das nmz-Gespräch mit Birgit Walter, der neuen Direktorin der JeKi-Stiftung, übertitelt. Es löste eine Flut von Online-Kommentaren aus, die vorwiegend anonym veröffentlicht wurden. Warum dies so ist, darüber können wir nur spekulieren. Vermutlich ist es eine Mischung aus Netzgepflogenheiten, subjektiven und polmischen Kommentaren sowie der Wunsch, gegenüber dem Arbeitgeber unerkannt zu bleiben. Für die aktuelle nmz stellen wir einige interessante Zitate zusammen. Die Originalbeiträge finden Sie unter http://www.nmz.de/artikel/jeki-in-den-alltag-der-kinder-integrieren
Anonym am 3. Juli 2011 – 14:52: Mit großem Entsetzen habe ich das Interview von Frau Walter in der Print-Ausgabe gelesen und mich mit Grausem und Ärger abgewandt. Frau Walter wäre es wohl am liebsten, wenn man sämtliche Musikschulen schließen würde, damit alle Lehrer an den Schulen sich dem JeKi-Programm opfern. Wenn sie nur wüsste, wieviel Lehrer mit sehr viel Kraft und Mühe sich in viele Städten engagiert haben und darum gekämpft haben, dass sie eben „ihre“ Musikschule behalten dürfen, würde sie vielleicht nicht so reden und das „Haus der Musik“ so abfällig bewerten. JeKi ist eine Modeerscheinung und es nicht im geringsten Wert, Strukturen, die über viele Jahrzehnte gewachsen sind, leichtfertig zu zerstören. Ich habe selber jahrelang als „Wanderlehrer“ an verschiedenen Schulen unterrichtet und ich will diese Zeit nicht noch einmal erleben. Die meisten Schulen sind nicht im entferntesten darauf eingestellt Musikschulunterricht zu integrieren. Die Arbeitsbedingungen sind schlichtweg inaktzeptabel.
Anonym am 15. Juli 2011 – 9:14: Liebe Frau (?) Anonyma,
aus welcher Textstelle schließen Sie, dass „Walther es wohl am liebsten wäre, wenn man sämtliche Musikschulen schliessen würde“? Tatsache ist, dass an vielen Musikschulen der traditionelle Nachmittagsunterricht (14–19 Uhr) nicht mehr mit genügend Schülern versorgt werden kann, weil wegen offener Ganztagsschule, G8 und so weiter die Schülerinnen und Schüler nicht mehr zum üblichen Nachmittagsunterricht kommen können (…) Und ja, qualifizierte Musikschullehrer sind unterbezahlt, da sind wir uns einig!
Anonym am 16. Juli 2011 – 11:53: Die Schule muss den Kindern Freiräume gewähren. Lesen sie mal dazu den Leitartikel von Ministerpräsident Kurt Beck in der nmz 6/2011.
Anonym am 16. Juli 2011 – 11:53: Mich ärgert einfach nur, dass Leute, die JeKi-Unterricht mit Einzel- oder Gruppenunterricht gleichsetzen, den Musikschulen in den Rücken fallen, anstatt mit harten Bandagen für die musikalische Bildung in Deutschland zu kämpfen. (…) Da wird immer noch stur behauptet, dass JeKi den Unterricht an den Musikschulen ersetzen kann. Mittlerweile ist es ja auch erwiesen, dass die Transfereffekte von JeKi zur Musikschule ausbleiben. Ähnliches passiert gerade mit dem Programm Singen-Bewegen-Sprechen, das der musikalischen Früherziehung die Schüler raubt und damit wieder indirekt dem Schülermangel Vorschub leistet.
Anonym am 27. Juli 2011 – 11:25: Nachdem ich jahrelang an Gemeinderatssitzungen teilgenommen habe (als Lehrervertreter), habe ich immer wieder beobachtet, wie einzelne Gemeinderatsmitglieder und Entscheidungsträger einfach überhaupt keine Ahnung haben, was wir an Musikschulen eigentlich machen. (…) Irgendwann kommt dann immer die Kostendiskussion auf und jene Gemeinderatsmitglieder weisen dann darauf hin, dass Musikschulen eine freiwillige Leistung sind und eigentlich sowieso viel zu teuer sind usw. (…) Über Pädagogik oder Didaktik braucht man mit diesen Leuten nicht reden, das perlt an denen ab, die leben eben in einer völlig anderen Welt. Wenn natürlich dann noch Musikpädagogen aus den EIGENEN Reihen Werbung damit machen, dass JeKi die gleiche Qualität liefert wie der klassische Unterricht ist das meiner Meinung nach sehr gefährlich für viele Musikschulen. (…) Es muss ganz klar kommuniziert werden, dass JeKi ein Schnupperkurs oder auch ein soziales Projekt ist. Wer tiefere Kenntnisse erzielen will, muss an eine Musikschule.
Anonym am 9. Juli 2011 – 19:08: Auf der offiziellen JeKi-Seite und bei YouTube sieht man oft in den Videos Kinder, die auf viel zu großen Instrumenten spielen und nicht die Instrumente haben, die ihrem Alter und ihrer Körpergröße entsprechen. Da hört bei mir dann offen gestanden der Spaß auf, dies schafft keine neuen Musiker, sondern Fälle für den Orthopäden!
Abschließend noch zwei Kommentare mit Namensnennung:
Elisabeth Jalbert schrieb am 11. Juli 2011 – 8:27: Für Musiker, die mit teuren Staatsgeldern dazu ausgebildet wurden, Instrumente bis zur Studienvorbereitung oder sogar im Hochschulbereich zu unterrichten, ist es keine Perspektive, stattdessen lebenslang Bodypercussion und „Good Night Ladies“ oder „Freude schöner Götterfunken“ auf unterstem Niveau unterrichten zu müssen. Die soziale Idee des JeKi-Projektes in allen Ehren. Mehr Musik in die Schulen? Wunderbar! Aber nicht so! Verbessert die Möglichkeiten der Schulmusiklehrer, macht weiter Instrumentenkarussel und andere Kennenlernphasen, aber ermöglicht Kindern, die dies wünschen, instrumentalen Einzel- oder Tandemunterricht.
Norbert Voll schrieb am 15. Juli 2011 – 21:53: Moderne didaktisch-methodische Ansätze des Instrumentalunterrichts greifen grundsätzlich auf die Komponente Gesang zu. Diese Komponente kann also heute keineswegs mehr als Zugabe zu einem Unterrichtskonzept betrachtet werden, die ergänzend einbezogen werden sollte. Vielmehr ist die Arbeit mit Stimme und Instrument unverzichtbar. Dass sich die sängerischen Konzepte für JeKi lediglich im Planungsstatus befinden, weißt auf gravierende Lücken im Konzept hin, die im Sinne eines ganzheitlichen Instrumentalunterrichts alarmieren müssen. Jeder erfahrene Instrumentallehrer weiß, wie schwer es ist, nach methodischen Fehlentwicklungen „zurückrudern“ zu müssen!