Großes Gejaule in der klassischen Musik. Oder besser: großes „Gequietsche“. Erst wird der ehemalige Präsident der Musikhochschule München wegen eines sexuell motivierten Übergriffs verurteilt und vom Richter als „Grapscher“ gerüffelt, dann sieht sich Star-Geiger David Garrett mit einer Sex-Klage (bizarre Bett-Praktiken, angebliche Gewaltausbrüche und Verletzungen) in den USA konfrontiert. Was dem Begriff „Stehgeiger“ fast schon eine neue Bedeutung verleiht. Da scheint ja ein recht dekolletiertes Frauenbild zu existieren, in der E-Musik. Die Frau als Selbstbedienungsladen. Zwar kollabiert die feine Gesellschaft bei frauenfeindlichen Texten von Bushido, selbst zulangen wird jedoch offenbar ohne größere Aufregung toleriert.
Damit das Schweigen im Establishment bleibt, habe ich ein paar Argumente gesammelt, die man (oder vielleicht auch Sie?) den lästig nachfragenden Arschgeigen von der Lokalpresse auf der nächsten Cocktailparty im Mozarteum oder in der Elbphilharmonie urheberrechtlich unbedenklich ins Gesicht geigen kann. Also. Lassen Sie uns über David Garrett reden. Ein Schwiegersöhnchen, der Mozart statt Motörhead fiedelt. Und so ein junger Hüpfer kann sich durchaus verirren. Einmal die falsche Nummer gewählt und schon ist ein Escort-Girl (zweites – hihi – Standbein: Porno-Darstellerin) deine neue Freundin. Und die verdreht ihm das Köpfchen, das sonst nur auf der Schulterklampfe ruht. Okay, vielleicht hat David Garrett bei seiner Ex-Freundin Ashley Youdan mal die Gerte mit dem Bogen verwechselt. Oder das Sprachbild „andere Saiten aufziehen“ doch etwas missverständlich interpretiert. Oder den Bogen überspannt. Oder das Griffbrett mit dem Hals verwechselt. Aber ich bitte Sie. Wir alle vergeigen doch mal was.
Ich möchte jetzt nicht von Skandal sprechen, aber David Garrett kann aus diesem – nennen wir es Umstand – doch nur profitieren. Und sein Portfolio erweitern. Laut Gerüchten sollen sich bereits erste amerikanische Sexfilm-Produzenten gemeldet und erste Rollen angeboten haben. Mit Titeln wie „Wenn der Geiger zweimal klingelt“, „Vier Geiger für ein Halleluja“, „Kuck mal wer da fiedelt“ oder eine Neuauflage von „Spiel mir das Lied vom …“ (ersparen Sie mir bitte diesen Reim, denn was reimt sich schon auf Lied?) will die Erotikbranche in den USA mit Konsumenten klassischer Musik eine neue Klientel ansprechen, die im wahrsten Sinne des Wortes noch vor sich hinschlummert. In deren Welt bizarre Bett-Praktiken bisher eben nur die zweite Geige spielten. Und, liebe David Garrett-Fans, jubiliert! Denn: Die Anklagepunkte klingen ganz nach einem Engagement in der nächsten Game of Thrones-Staffel.
Ich fasse zusammen: Früher hatte ich Angst vor Rapper-Clans und HipHop- Gangs. Aber die Jungs in der E-Musik sind schon auch gut drauf. Meine Schlüsse: Wegsperren. Die ganze E-Musik. Und: Meine Kinder lernen niemals Geige.