Experimentierphasen, Workshops, Labore: überall findet man solche Formate im Bereich zeitgenössischer Musik und suggeriert damit: Ärmel hochkrempeln, hier geschieht Erstaunliches, Neues, Unerhörtes – und es ist okay, wenn ihr scheitert! Es braucht ja „Möglichkeitsräume“, in denen Scheitern dazugehört!
Scheitern dürfen wäre schön, ist aber Mist und oftmals die plumpe Ausrede der Institution, wenn etwas wirklich gescheitert ist. „Hey, wir haben Möglichkeitsräume eröffnet…“ Hat schon mal jemand ein Mehrfachscheiterticket bekommen? „Hey, Du bist jetzt viermal auf meinem Festival gescheitert. Was machen wir nächstes Jahr?“ Wer richtig scheitert, dessen Honorar ist dann eher eine Abwrackprämie. Alles super, aber bitte: Scheitern ist keine Chance, sondern oftmals Werbejargon, der den Unbedarften aufs Glatteis führt. Doch halt – ich bin ja Doktor und habe eine helfende Apparatur erfunden: den „War-wohl-nix-o-meter“.
Es errechnet den aktuellen Scheiterwert (gemessen in „shit“) auf der nach unten offenen Kampeskala und zeigt so Wahrscheinlichkeiten der Erholung in oder außerhalb des Betriebs realistisch auf. Die Formel setzt sich zusammen aus Vorlauf- und Probenzeit, akustischen Gegebenheiten, Beratungsresistenz, Anzahl der Agamben- und Ranciere-Zitate, Abnicken der Fachpresse und Coolness der vorproduzierten Teaser. Erreicht man mehrfach einen Wert von 9 „shit“ auf der Skala (neulich hatte ich wieder eine 7,8 und das war echt garstig) wird angeraten, einen anderen Möglichkeitsraum aufzusuchen. Sonst bleibt vom vielen Scheitern nur ein kleiner Haufen und das wäre ja nicht schön.