Der Legende nach empfahl Luigi Nono Wolfgang Rihm dereinst, einmal die Krise zu bekommen. Künstlerische Krisen zu haben, zu pflegen oder über Bewältigungsstrategien zu berichten hat Tradition und ist irgendwie auch ein bisschen schick. Sie lassen sich aber kaum selbst herbeiführen. Was tun ohne gescheite Krise? Um in der Gegenwart zu Entscheidungen zu kommen, muss es wohl eine Nummer kleiner gehen. Ich schlage daher die Einführung des fröhlichen Zweifelns als Krisenkriegensubstitut vor.
Die Anwendungsbereiche sind vielfältiger Natur, z.B. Facebook: Anstatt jeden zweiten Tag ein neues Dogma oder ein total freches Statement zu publizieren, einfach mal zweifeln: „Vielleicht irre ich mich. Ich denke mal nach.“ Oder beim Komponieren: „Pfff... Ich glaube, das ist alles voll Käse.“ Oder in der gentrifizierten Off-Theater-Kantine: „Limo Bitte!“ – „Litschi oder Möhre-Dragonfruit?“ – „Weiß nich, sach du!“ Oder in der Studienberatung: „Macht es Sinn, Musik zu studieren?“ – „Och...“
Ganz wichtig bei der Einstudierung des fröhlichen Zweifelns ist jedoch, die Mundwinkel stets oben zu behalten und die Stirnpartie gutgelaunt in erhabene Falten zu schlagen. (Sonst sieht man leicht wie ein Musiktheoretiker aus, der nicht weiß wohin mit seinen vierfach gestauchten Kontrapunkten.) Man muss also mit Schwung in die Erdbeeren zweifeln. Schon allein dieses wunderschöne Wort: Z-w-ei-fff-e-l-n-n.
Bitte einmal ganz langsam aussprechen und genießen. Und jetzt noch lächeln – herrlich, nicht?