Jetzt kriechen sie wieder aus ihren Löchern, die Event-Traditionalisten. Greinen Rotz und Wasser vor jedem WM-Spiel, wenn die hartgesottenen Fußball-Millionäre, tätowiert vom linken Zeh bis zum Holzkopf, Arm in Arm, Hand auf dem sozialen Herz dastehen und sich die Tränchen aus dem Auge wischen, während sie die Nationalhymne stottern. Oder eben nicht, weil eigentlich ganz woanders geboren. Jetzt passen Sie mal auf. Die flennen, weil ihnen Onkel Sepp mit jedem Spiel das Konto flutet und nicht, weil sie die Geschichte der Nation Revue passieren lassen.
Bis zum FIFA-Workshop im Mai, zu dem die Spieler wie Büffel am gepiercten Nasenring wahlweise Ohrläppchen geschleppt wurden, kannten die nicht einmal das Wort „Hymne“. Nun glotzen sie jedenfalls so, als hätten sie das Geschepper schon gehört. Ich fordere neue Hymnen. Für alle. Beginnen wir in der Heimat. Da „Einigkeit und Recht und Freiheit“ ein weit verbreiteter Irrtum sind, kommt nur ein kultureller Hintergrund in Frage, der „Arm-Reich und Dämlich-Geistreich“ verbindet: Mallorca. Bereits vor dem Spiel einschüchternd wäre Micky Krauses „Geh doch zu Hause, Du alte Scheiße“ die ideale Hymne. Dazu Sangria-Wannen samt Mega-Strohalm, ein einstudierter Adiletten-Tanz und ein satter Schluck aus der Wanne. Saufen, Tattoos und Grammatikfehler. Kann eine Hymne vereinender sein, liebe Ossis?
Und ein Selfie mit Mutti vor dem Sauftrog wäre auch mal schick. Ungleich besser: die US-Boys. Wie Trolle im „Herr der Ringe“ aufgestellt, belfern sie ihr „Star-Spangled Banner“, während Papa Troll die Nation in Kriege schickt oder Auskünfte im Wasserbad erfragt. Vorschlag: Kapuzen-Jacken, die die Kicker beim Einmarsch über die Köpfe ziehen. Vorteil: Hände frei für Baseballschläger. Fußball ist ja Randsportart in den Staaten. Schiedsrichter einschüchternd würde sich „Fuck the Police“ von N.W.A. anbieten.
Die nächsten bitte: Brasilien und das Geschrei namens Hymne. Tipp: Metronom kaufen. Hatte doch ein Schlaukopf die Idee, irgendwann die Musik zu kappen, so dass Mittelschicht und Profis im Blindflug zu Ende trällern müssen. Ein rhythmischer Super-GAU. Bevor man nun Ralph Siegel bittet, mal was Flotteres zu komponieren und der die Gruppe „Wind“ reanimiert, würde ich den Brasilianern den urdeutschen Song „Samba de Janeiro“ empfehlen. Die Tanzbären hängen sich eine Trommel um, der Rest trottet sinnlos hinterher. Präsidentin Rousseff wird’s freuen. Ein hymnischer Härtefall: die Schweiz. Und da darf man vorab pikiert fragen, wie das passieren konnte? Ein Kader, den die Migrationspolizei etwas schlampig durchgewunken hat. Wie sonst kämen Ricardo Rodríguez, Admir Mehmedi, Josip Drmic oder Haris Seferovic überhaupt aus dem Land, geschweige denn vorher hinein? An der Langsamkeit der Hymne lässt sich ethnologisch nichts ändern. Politisch passend: die Rückkehr zur alten Hymne „Heil dir, Helvetia!“. Oder eine Kooperation mit der Südtiroler Band Freiwild. Die machen um jede Volksabstimmung noch ein Schleifchen. Weitere Vorschläge gerne an info [at] nmz.de (subject: Hymnenvorschlag%20zu%20Ferchow%20Text%202014%2F07) (hymnen[at]nmz[dot]de).