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Die Produzenten

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„Werden Sie Musikproduzent internationaler Stars!“ Die Aufforderung klingt vielversprechend, fast wie ein smarter Ausbildungsgang für Ich-AGs und andere überglückliche Kunden der Bundesagentur für Arbeit. Mit drei Klicks zum Erfolg! Zum Frühstück Champagner mit Madonna, nachmittags Daniel Küblböck rasch ein paar Gummibärchen geschenkt und abends die Show im ZDF! Doch hat jede Beratungsleistung bekanntlich ihre Tücken. In unserem Fall zeigen sie sich im Kleingedruckten. Hier wird der Traum vom Produzenten auf die Froschperspektive des Konsumenten reduziert: „Kennenlernen von Künstlern und Produzenten, Einladungen zu Premierenfeiern, Besuch von Produktionsstudios, handsignierte CDs der von Ihnen produzierten Projekte...“

Es geht in dieser vollmundigen Ankündigung nicht um das Produzieren von Musik, sondern um eine Einladung zur Investition in einen Medienfonds: „Music Entertainment Fund – prognostizierte Rendite 14,42 Prozent nach Steuern – jetzt unverbindlich Zeichnungsunterlagen anfordern.“ Als „Ihre Partner“ empfehlen sich fünf im Musikbusiness tätige Firmen, die in den letzten Jahren nicht gerade durch Riesenerfolge aufgefallen sind.

Soweit nichts Außergewöhnliches in der Geschäftswelt. Nur dass hier in gut postmoderner Praxis – oder soll man sagen: in der Art der New Economy – ein semantischer Hokuspokus mit Begriffen getrieben wird. Nach dem Muster der Textilfirma, die ihre Klamotten in Billiglohnländern nähen lässt und ihren Aktionären verspricht: „Ihr Geld arbeitet für Sie“, wird hier schlicht das Investieren von Geld mit dem Akt der Produktion gleichgesetzt. Üblicherweise meint man das Produkt, das gekauft wird, wenn von Musik als Ware die Rede ist. Hier wird die Produktion gekauft – auf Zeit und solange sie sich rentiert. Die irreführende Formulierung der Fonds-Ausschreibung ist charakteristisch für den heutigen Turbokapitalismus und vor allem die schillernde Medienbranche, wo nach dem großen Crash von 2001 einige der vermeintlich Schlausten als gescheiterte Glücksritter vor dem Kadi landeten. Gibt es in der immateriellen Welt der Pixel, Bits und Bytes etwas Spekulativeres als die ungreifbare Materie der Töne, obendrein noch in Gestalt der schnell verderblichen Ware U-Musik?

Gestern produziert, heute vielleicht ein Hit und morgen schon wieder Schrott. Ein Depp, wer dann noch nicht verkauft hat und auf dem Produkt sitzen bleibt. Ebenso schwankend ist der quotenabhängige Marktwert der Stars. Um in den Medien präsent zu bleiben, müssen sie ihr Privatleben outen und sich auch schon mal in der Extremshow mit Kakerlaken überschütten lassen – zur Schadenfreude des glotzenden Pöbels, auf dessen Käufergunst sie angewiesen sind.

Die ökonomistische Internationale, die sich nach allen Wirtschaftsbereichen zum Schluss auch der Kultur bemächtigt hat, ist gegenwärtig dabei, den kulturellen Kapitalismus zu entwickeln, jene Produktionsform, die, wie der amerikanische Autor Jeremy Rifkin sagt, „ sich nicht nur die Bedeutungen des kulturellen Lebens und die dazugehörigen Kommunikationsformen zu Eigen macht, sondern die gelebte Erfahrung selbst“. Seine Prognose lautet: „Die Erfahrungs-Macher werden schließlich einen Grundsektor – wenn nicht den wichtigsten Sektor – der Wirtschaft bilden. Damit wären wir die erste Kultur in der Geschichte, die komplizierte Technik dazu benutzt, um das flüchtigste und doch dauerhafteste Produkt herzustellen: die menschliche Erfahrung.“

Doch der Weg dorthin ist dornig und wird noch manchen wohlmeinenden Labelmanager seine Stellung kosten. Die fürstlich bezahlten ästhetischen Analphabeten in den Chefetagen über ihm sind hilflos gegenüber dem, was ihren ökonomischen Horizont überschreitet. Und so begehen sie aus Angst vor ausbleibendem Erfolg vorsorglich lieber Selbstverstümmelung, als hinterher von den Aktionären geprügelt zu werden. So etwa die Manager von Warner, die laut „Spiegel“ die Kunst-Country-Band „Wilco“ vor die Tür setzten, trotz Kritikerhymnen und einem Absatz der bisherigen, preiswert fabrizierten Alben zwischen 100.000 und 250.000 Exemplaren. Für den medialen Turbokapitalismus reicht das nicht.

Doch das ist auch die Stunde der Kleinlabels und freien Produzenten. Wo die Multis in ihren nicht funktionierenden Kommunikationsstrukturen zappeln und den Shareholder Value anbeten, produzieren sie mit phantasievollen Musikern und wenig Aufwand eine lebendige Musik, die sich in kreativer Wechselwirkung mit der regionalen oder nationalen Szene entfaltet. Damit entstehen zwar keine Welthits, weil das dazu nötige Kapital und die Vertriebsstruktur fehlen. Kompensiert wird das aber durch jene Lust am Machen, die sich immer dann einstellt, wenn innerhalb überschaubarer, nicht entfremdeter Strukturen produziert wird.

Vielleicht kommt ja dann eines Tages ein Entertainment-Fund, der sich als Interessenvertreter von „Produzenten“ vorstellt und in Glamourprospekten den schnellen Gewinn verspricht. Doch dieses Geschäft ist dann bestenfalls das parasitäre Abfallprodukt des kreativen Anfangsimpulses. Mit Musik hat es nichts mehr zu tun.

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