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Moritz Eggert. Foto: Juan Martin Koch
Moritz Eggert. Foto: Juan Martin Koch
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Dürfen Professoren alles?

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Absolute Beginners 2022/07
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Die meisten Musikhochschulen schreiben sich inzwischen stolz auf die Fahnen, sie hätten aus der #metoo-Diskussion gelernt. Sie verkünden, dass Machtmissbrauch in keiner Form bei ihnen geduldet wird und „nein“ auch wirklich „nein“ heißt. Doch wie wirksam sind diese Ankündigungen, wenn den Täter*innen weiterhin kaum Konsequenzen drohen?

Denn leider scheinen im hierarchieverliebten Deutschland nach wie vor mehr täterschützende Mechanismen zu greifen als solche, die Opfer verhindern. Und dann fragen sich vermutlich die heutigen Betroffenen, ob es überhaupt die Mühe wert ist, sich dem Parcourslauf von Erniedrigungen zu stellen, den eine Anzeige zwangsläufig zur Folge hat – nur um dann zu erleben, dass selbst massives Fehlverhalten von Professoren keine großen Konsequenzen hat.

In München gab es nicht nur den vieldiskutierten Fall Mauser, sondern auch den eines einst angesehenen Kompositionsprofessors, der am Ende eines langen Verfahrens zu einer Bewährungsstrafe wegen illegalen Drogenbesitzes verurteilt wurde. Vom Vorwurf der Vergewaltigung wurde er wohl nur freigesprochen, da das alte Strafrecht angewendet werden musste. Während der Ermittlungen im Zuge der Anklage kamen unter anderem folgende, auch in der Presse veröffentlichte Details über seinen Lebenswandel zutage: Sex mit Studierenden; Drogen und Pornofilme im Unterricht, der häufig in Privaträumen stattfand; der Kauf von Schreckschusswaffen über Neonazinetzwerke (Mario Rönsch); offenes Sympathisieren mit rechtem Gedankengut; Hitlergrüße vor der Hochschule; Warnungen an Studierende vor Chemtrails und Weltverschwörungen; Besitz und Konsum zahlreicher illegaler Drogen.

Da vieles davon auch seine Hochschultätigkeit betraf, setzte die Musikhochschule München ein Disziplinarverfahren gegen den Professor in Gang, dem schon zu Beginn seiner Tätigkeit in den 1990er-Jahren von einem minderjährigen Studierenden sexuelle Belästigung vorgeworfen worden war. Was nun genau Gegenstand des Disziplinarverfahrens war, ist nicht öffentlich, das Ergebnis allerdings schon: Der Komponist wurde mit einer zehnprozentigen Reduzierung seiner Bezüge „bestraft“, die auch noch auf einen kurzen Zeitraum begrenzt ist.

In welchem Verhältnis steht ein solch erstaunlich mildes Disziplinarurteil zu den Aktivitäten des Professors? Welches Signal setzt es?

Dass man mit allem davonkommen kann? Wünschen wir uns eine Welt, in der so etwas an Hochschulen nicht nur vorkommt, sondern auch von ganz oben nur maximal milde bestraft wird? Wollen wir, dass unsere Kinder – da anscheinend selbst in einem extremen Fall wie diesem keinerlei Strafmechanismen greifen – solchen Professoren ausgesetzt werden und ihrem Einfluss erliegen?

Wenn Täter keine Konsequenzen fürchten müssen, wird sich rein gar nichts ändern in Sachen #metoo. Und im schlimmsten Fall wird weiteres Unrecht verursacht. Schon der Neonazi und Kinderschänder Paul Schäfer („Colonia Dignidad“, Chile) bekam freundlichen Besuch von Franz Josef Strauß und konnte sein Leben lang auf Unterstützung hoher deutscher Diplomaten zählen, die seine Aktivitäten deckten. Seine Siedlung nannte er dann auch dankbar „Villa Baviera“.

In Bayern hat sich seitdem anscheinend nicht viel geändert: Der Kompositionsprofessor konnte ungehindert und ohne Eingriff der zuständigen Autoritäten zwei Jahrzehnte lang an der Münchner Musikhochschule seinem Treiben nachgehen. Und vielleicht bald wieder. Denn … war ja alles gar nicht so schlimm, oder?

 

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