Neulich hat sich der Intendant des Konzerthauses Dortmund, Benedikt Stampa, im Kulturmanagement Magazin zum Thema Fußball und Klassik geoutet. Die Klassik könne vom Fußball nämlich etwas lernen. Es sei doch komisch, dass vom Fußball eine so immense Anziehungskraft ausgehe, obwohl, wie Stampa unter Bezugnahme auf wissenschaftliche Untersuchungen bemerkt, kaum jemand das Spiel verstehe. Auch in der Musik ist das so. Die Menschen gehen nicht ins klassische Konzert, weil sie die Dinge da verstehen, sondern wegen der „Emotionalität des Augenblicks“.
Es ist ja bekannt, dass die Menschen am meisten das lieben, was sie nicht verstehen. Denn das, was sie verstehen, verstehen sie entweder ja doch nicht oder im Zweifel sogar zu gut, und dann langweilt es sie. In der Konsequenz heißt das: alles auf Neuanfang. Statt auf das ganze pädagogische Vermittlungszeug sollte man besser auf Nichtwissen setzen und die Leute emotional, zack, mitreißen. Beides zusammen geht nicht: Wissen und Emotionalität; naja, außer vielleicht in der Oper. Das erklärt auch, dass es zwar „Oper für alle“ aber nicht „Streichquartett für jeden“ gibt. Klickerts? Die Rechnung ist sehr einfach. Aber am Ende geht sie dann doch nicht auf. Denn Emotionalität, wenn sie nicht aus der Sache selbst gezogen wird, braucht immer stärkere Reize von außen und stumpft dann irgendwann immer mehr ab: Aus Ereignissen werden Events, aus Events werden Mega-Events. Klassik sei elitär und das müsse sich ändern, damit mehr Leute in die Konzerte gehen, meint Stampa. Aber gehen sie dann wirklich noch ins Konzert oder nicht vielmehr in eine ökonomisch gesteuerte Emotionswaschmaschine – Wirkung ohne Ursache? Beim Fußball geht es ja auch nur noch selten um Fußball als Spiel. Da sind Spieler, Funktionäre, Sponsoren, die Medien und auch die meisten Zuschauer verkommen. So eine Zukunft kann man sich eigentlich nicht wünschen, jedenfalls nicht für die Kunst als Forschungslabor für die Sinne.