Zur Erklärung: Ein „Nerd“ ist eine Art Verrückter. Einer, der sich in einer Sache festgebissen hat, regelmäßig angewandt auf Menschen, die Tag und Nacht am Computer verbringen um Programme zu schreiben, Webseiten zu hübschen, Nachrichten zu verfolgen. Diese Nerds braucht man auch in der Kultur. Sie nisten sich ja meist geräuschlos ein und von ihrer Existenz bemerkt man häufig eher nichts, außer dass der Stromzähler etwas schneller tickt und gegebenenfalls die Stromkosten gestiegen sind. Sie arbeiten im Stillen, machen ihre Arbeit in der Regel unbemerkt, ihre Netze sind weit geknüpft, über zwei Ecken kennt jeder jeden.
Wenn diese Nerds aber zusammenkommen, dann wird die Sache heiß, könnte man denken. In Wirklichkeit eher lau – so wie der Kaffee oder das Mineralwasser, das den Temperaturausgleich sucht. Die letzten Jahre tagte da eine Nerdgruppe zum Thema „Internet und digitale Gesellschaft“ im deutschen Bundestag. Hochkompetente Nerdprofis unter sich befragen andere hochkompetente Nerdprofis zu Nerdthemen. Und wie es sich gehört für derlei Nerds – sie tagen im Stillen, ihre Berichte verfassen sie in kleiner Runde – vollkommen unkooperativ. Heraus kommt nichts anderes als die hochbedeutende Information, dass man viel miteinander sprechen muss.
Der Obernerd, Dieter Gorny, nennt das schon seit Jahren „die Politik muss das moderieren“. Eine Welt aus Moderatoren hat sich in der Enquete-Kommission versammelt, die aber ehrlich gesagt immer vorher wussten, wie die Welt tickt. Kennen Sie noch Jürgen Habermas, den Kommunikationsphilosophen? Der war jedenfalls nicht dabei, was bedauerlich ist. Auch sonst wenig offene Ohren und Gedanken für offene Ergebnisse. Aus diesem Blickwinkel heraus muss die Enquête-Kommission „Kultur in Deutschland“ rückblickend geradezu paradiesisch wirken.
Es macht eines deutlich: Verlassen wir uns nicht auf die digitalen Welten und ihre Propheten, leben wir besser in unserer konservativen Kultur produktiv weiter. Sie ist jedenfalls weit weniger mental betoniert als die Signale, die so stereotyp aus der digitalen Gesellschaft herüberklingen. Die Kultur trägt uns besser in die Zukunft als jeder Shitstorm, der die digitalen Wellen pseudoaktionistisch in Wallung setzt.