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Ein gewisser Professor

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Ein Denkmal setzte er sich, dauernder als Papier. Damit vermied er den Anblick einer Reihe von 15 gleichgebundenen Werken in einer Seminarbibliothek. Dem müßigen Blättern schützte er vor, nur mühsam kann man sich zu dem Stichwort scrollen, will man die Volltextsuche umgehen. Nun liegt es also vor, das „Handbuch Deutsche Musiker 1933-1945“ von dem ehemaligen Rundfunkjournalisten Fred K. Prieberg, der nun seinen Rang als Musikwissenschaftler wortgewalttätig verteidigt. Das Lebenswerk des 76-Jährigen ist auf zwei CD-ROM in eine riesige pdf-Datei gebannt. Seine Kollegen auf dem Katheter rüffelt er aus seiner überlegenen Position.

Da gibt es einen zu spät gekommenen Nachwuchsprofessor, Lehrstuhlhalter, Experten für die Epoche Josquins – eben einer aus dem „Establishment“, der ihn maliziöserweise als Journalisten herabsetzte.

Schlimmer noch ist die Konkurrenz amerikanischer Provenienz, die sich deutscher faktengerechter Tatsachenfeststellung nicht verpflichtet fühlt. Dort finden sich auch metierfremde Autoren, die sich ihr Mütchen (an wem?) kühlen und so auf – da ist Prieberg streng und setzt das in Anführungszeichen – „wissenschaftlichen“ Ruhm hoffen. Also nicht wissenschaftlichen, sondern „wissenschaftlichen“ Ruhm erstrebt „die ärgerlichste Erscheinung dieses Schlages“ Michael H. Kater, den Prieberg in der Folge nur als „Distinguished Research Professor of History“ anspricht – das Stichwort „distinguished“ gerät in dem „Handbuch“ zu einem der am häufigsten genannten, immerhin 168 Mal zählt es die Suchfunktion meines Readers.

Prieberg legt dieses Handbuch mit staatsanwältischer Korrektheit vor – da verzettelt er sich beim braunen Liedgut, zu dem er von „Wir haben Hunger, Hunger, Hunger“ bis zu Bellmans „Tritt vor, du Gott der Nacht“ alles zählt, was je in einem offiziösen Liedwerk der Zeit abgedruckt war. Was sich Bellman, Mozart oder Beethoven wohl gedacht haben, dass sie sich in etwa in einem „Liederbuch der NS-Frauenschaften“ oder in Schultens „Der Ring“ abdrucken ließen?

Aber das größte aller Verbrechen, das Prieberg anklagt, ist das der Geschichtsfälschung. Dieses wird vor allem vom „Distinguished Research Professor of History“ begangen. Der ignoriert, täuscht seine Leser aber- und abermals. Geschichtsfälschungen sind vermeintliche oder tatsächliche Irrtümer und Ungenauigkeiten, sind die Notlügen und Verschweigungen von Beteiligten nach dem Krieg. Täter ist also Kater, Mitläufer die etablierten Musikologen und Opfer sind die „Leser“ (Prieberg). „Die Abwesenheit von Menschen bedeutet das größte Maß an Freiheit“, hat Fred K. Prieberg einmal gesagt...

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