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Mathis Ubben. Foto: Nerea Lakuntza

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Ein gutes Pferd ...

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Cluster von Mathis Ubben
Vorspann / Teaser

„Folgende Maßnahmen werden von Sony Music Entertainment – SME in 1 day 23 hours 30 minutes 7 seconds auf dein Video angewendet, weil es 2 Minuten und 29 Sekunden eines Contents zu enthalten scheint, an dem diese Person die Rechte besitzt: Dein Audio wird teilweise stummgeschaltet.“

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Mit solchen, sich wie mies aus Digitalschnipseln zusammengebastelten Drohbriefen lesenden Maßnahmenankündigungen galoppiert Facebook regelmäßig auf den Nervenbahnen unserer Bewegtbild-Abteilung nmzMedia herum. Nicht immer wird die Stummschaltung gefordert, manchmal sind die dunklen Reiter auch gnädig und bieten unseren Kolleg*innen an, ihnen ihren Ton zu lassen und sich nur mit dem potenziellen Videoerlös zufriedenzugeben. Wenn die Kolleg*innen aber öfter keinen Einspruch einlegen würden, verstummte nicht nur das Video an entsprechender Stelle, Facebook behält sich außerdem vor, dann das gesamte Konto zu löschen.

Aber was genau ist jetzt passiert? Im genannten Beispiel ist die Sony’sche Expert*innen-Quadriga wohl zufällig auf ein vier Jahre altes Porträt-Video gestoßen, in dem auch Teile von Livemitschnitten eines Jugendorchesterkonzerts gezeigt werden. Und Sonys Reiterstaffel hat sofort – wer will es ihr verübeln – erkannt: Carl Maria von Webers „Oberon“ wird hier von keinem Jugendorchester gespielt! Tatsächlich muss es sich um das New York Philharmonic Orchestra unter Leonard Bernstein handeln, dass sich wenig später in das DSO Berlin mit Marek Janowski am Pult verwandelt.

So lästig diese Anschuldigungen sind – und auch dass der oder die „Angeklagte“ die Beweislast zu tragen hat – als das Jugendorchester würde ich es als großes Kompliment sehen.

Und für die im Algorithmus trabenden Dressurpferde? Da grenzt es schon an ein Armutszeugnis, dass Sony Music Entertainment die eigenen Weltklasse-Aufnahmen nicht vom Mitschnitt eines Jugendorchesters unterscheiden kann.
Die ganze Welt bewundert oder fürchtet die künstlichen Intelligenzen, die Macht der Algorithmen und den Schatten von Big Data. Und die Musik-Erkennungs-Gäule wiehern vor Freude, weil sie zumindest das Stück richtig erkannt haben!
Es kann natürlich sein, dass auch der zugehörige Stall am Jubeln ist. Vielleicht ist man sehr zufrieden mit der ungenauen Performance. Vielleicht kommt bei den eingeforderten Erlösen ja auch durchaus was zusammen.

Und der rüde Algorithmus-Schimmel bekommt noch eine saftige Portion Hafer.

…Er ist schließlich genau so hoch gesprungen, wie er musste.

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