Es gibt eine Rundfunkwelle, die bei vielen Menschen wahrscheinlich unter dem Horizont der Wahrnehmungsschwelle läuft, da sie nicht über UKW, sondern digital über DAB+ ausgestrahlt wird. Das dann aber auch jenseits von Bayern, zum Beispiel im fernen Berlin und Brandenburg. Der Sender heißt BR-Heimat und bringt hauptsächlich Volksmusik und selten volkstümliche Musik aus dem bayerisch-tschechisch-österreichischen Musikkulturraum. Er ist der einzige Sender dieser Art in Deutschland. Und er ist wunderbar.
Es dürfte kaum eine Rundfunkwelle geben, die die Vielfalt einer Volkskultur in der Breite ihrer Bevölkerung darstellt. Dazu kommen Informationssendungen, zum Beispiel neulich über die Maultrommel in Geschichte und Gegenwart.
Bei BR-Heimat werden Zupfmusikensembles ebenso vorgestellt wie die breite musikalische Arbeit von Musikschulen und anderen kleinen Amateur-Orchestern vielerlei Art. Gezeigt wird, es gibt ein Leben neben der musikalischen Hochkultur und derjenigen der Musikindustrie.
Als Neuhörender bemerkt man nach spätestens 24 Stunden, dass hier zum Beispiel das zentrale Instrument des Bürgertums, das Klavier, gar keine Rolle spielt, dafür dreistimmiger homophoner Gesang, Gejodle und Gejohle, Zither und Hackbrett zu zentralen Musikinstrumenten werden. Damit geht ein anarchistischer Impetus aus Lebensfreude und – ja, man möchte sagen –: Widerstand gegen kontrollierte Artigkeit oder blasierte Selbstinszenierung einher. Das macht schlichtweg hörend glücklich, auch, weil man aus der Mühle der Dauerevaluationen und Konkurrenz heraustritt – Urwuchs und Traditionen stehen höher als die Jagd nach Perfektion und Fehlervermeidung. Die Wirkung ist entkrampfend.
Erst einmal auf diesen Geschmack gekommen, mögen zwei Sender mit traditioneller Volksmusik zur Vertiefung der Glückserfahrungen empfohlen werden: Folkrádió aus Ungarn (https://folkradio.hu/) und Radio Folclor aus Rumänien (https://radiofolclor.ro/).