„NIE wieder möchte ich etwas mit dir zu tun haben!“. Ein Satz, den Sie in letzter Zeit unter Umständen wieder öfter gehört haben. Mutmaßlich von Recep Erdogan, der Sie als Putschist beim Panzerfahren ertappt hat. Oder von Wladimir Putin, der Sie beim Umfüllen von Fremdurin erwischt hat. Oder von Ihrer Frau. Nach der Rückkehr vom jährlichen Kegelausflug aus Malle und den leider doch nicht endgültig gelöschten Fotos auf dem Handy.
Jahrelang war dieser Satz allerdings auch gang und gäbe, wenn es um den Sommerhit ging. Denn mit Lou Begas „Mambo Nr. 5“, Los del Ríos „Macarena“ oder Bellinis „Samba de Janeiro“ – um nur einige der olympisch nervenden Gassenhauer zu nennen – wollte man als lupenreiner Bürger nichts zu tun haben. Zumindest bis man 45 ist, erst im Kegelklub und dann auf Malle landet. Doch 2016 gibt es keinen Sommerhit. Überhaupt stellt sich in Zeiten der selbst verursachten Betroffenheit zwischen Amokläufen, Staatsdoping und Putschversuchen die Frage, ob das noch erlaubt ist.
Ein Sommerhit. „Vamos a la playa“ ist ja nicht mehr so unbeschwert, wenn man selbst auf der „Wiesn“ erst den Rucksack abgeben muss, um später nicht selbiges mit dem Löffel zu tun. Nicht mit uns, sagten sich die Fußballer vom TuS 1948 Ehringhausen beim Trainingscamp auf Malle. Die Gegentore der letzten Saison verwandelten sie in Promille und präsentierten das marokkanische Kinderlied „A Ram Sam Sam“ durchaus aufrecht sitzend am Strand. Dass es diverse arabische Textwackler gab, okay. Selbst gestandene Fußballprofis stolpern waghalsig durch die Nationalhymne (klingt fast wie aus dem AfD-Wahlprogramm).
Nun, Sie ahnen, was kommt. Jemand filmt die Kicker am Strand, stellt das Video ins Netz und 2,7 Millionen Menschen glotzen in 24 Stunden den „Wahnsinns-Clip“ (bild.de). Ich auch. Zufällig, versteht sich. Und ganz ehrlich. Wenn das ein „Wahnsinns-Clip“ ist, den auch nur zwei Menschen anklicken, dann ist das nicht mein Land. Nicht lustig, liebe Kicker. Habt ihr dabei mal ein bisschen an die einheimischen Musiktherapeuten gedacht? Ursprünglich war das ein Bewegungslied für Kinder. Gegen LRS, Diskalkulie, Links- und/oder Rechtsschwäche. Oder für Hüpfen auf einem Bein.
Dass das Lied nun nur noch mit Adiletten und Alkohol funktioniert, reißt ein tiefes Loch in den Alk-Vorrat der Therapeuten. Und, liebe Ehringhausener, Bundesinnenminister Thomas de Maizière reagiert bei solchen Aktion übrigens recht dünnhäutig. Klingt verdammt nach Muezzin, das Lied. Je nach Pegel freilich. Da vermutet das Ministerium gleich mal eine „zentrale Aktionsplattform für Islamisten“ oder eine „Terrorzelle“ auf insulanischem Bundesgebiet. Da ist Ehringhausen aber schnell nach Guantánamo umgesiedelt. Andererseits: Warum nicht das Bundeskabinett nach Malle fliegen, an den Strand setzen und „Suse, liebe Suse, wo raschelt das Stroh, äh, was raschelt im Stroh?“ oder „Die Affen rasen durch den Wald“ singen lassen. Irgendwie wegweisend, die Kicker.