Musik regt an und beruhigt, Gefühle, Gedanken, Bewegungen, beim Hören und Machen, allein und mit anderen. Das gilt auch für alle möglichen Arten von Sport, was ja im Wortsinne Vergnügen bedeutet und wie Musik die Ausschüttung von Glückshormonen stimulieren kann. Und wenn Sport und Musik zusammenkommen, beim Tanzen zum Beispiel, aber auch im Fitnessstudio, wo fast jeder Trainingskurs von rhythmisch pulsierender Hintergrundmusik mit aktivierenden Beats und von entspannenden Klängen am Ende begleitet wird, dann sollte das Glück gesundheitsfördernder Bewegung eigentlich perfekt sein.
Fitness, Musik und Krieg
Was aber, wenn Musik im Fitnessstudio nicht anturnt, sondern abturnt, weil sie unerträglich ist, quasi „unmenschliche Maschinenmusik“? So geschehen im Kurs „Bauch, Beine, Po“ an einem Sonntagvormittag in meinem Lieblingsstudio. Was hier ertönte, war fürchterlich, so habe ich es empfunden: keine positiv aktivierende, sondern eine aggressive Musik, die an Krieg erinnert, mit dröhnenden Beats wie Schritte von Marschstiefeln und Klängen wie Gewehrsalven in voller Lautstärke, woraufhin ich nach einigen Minuten die Flucht ergriff.
Das hatten wir in der Geschichte und das haben wir heute wieder, und wenn im Studio auch bei einem oder einer Teilnehmer*in nur eine entsprechende Assoziation geweckt wird, so geht das gar nicht (in Clubs mit ähnlicher Musik mag das anders sein). Herrscht in Fitnesskursen schon genug kollektive Gefolgschaft von Armen und Beinen, so braucht es dabei eine gut synchronisierende und anspornende, auf keinen Fall aber eine kriegerisch anmutende und Bauchschmerzen erzeugende, „Bauch, Beine, Po“ lähmende und nicht trainierende Musik. Warum wird so etwas ausgewählt und nicht sorgsamer und sensibler mit Klängen umgegangen?
Enthält die Ausbildung zum Fitnesstrainer, zur Fitnesstrainerin keine musikalischen Anteile, zum Beispiel zum Zusammenhang von Musik und Bewegung, zur Form und Funktion von Musik und Sport, zu passenden Musikgenres? Und werden überhaupt Überlegungen angestellt, welche Musik gut ist für die jeweilige Trainingseinheit und welche gar nicht geht beim gegenwärtigen Zustand unserer Welt, der auch in Musik und Sportstudios hineinspielt in Form von Klängen, Bildern, Bewegungen, die wir Zeitgenossen tagtäglich medial und real erleben. Eine Musik, deren Merkmale an Gewalt gegen Menschen erinnern und die Wahrnehmung besetzen, dass einem die Lust an der Bewegung vergeht, hat beim Training nichts und nirgendwo etwas verloren. Das Fitnessstudio als Raum der Freude an Bewegung und der Gesundheitsförderung – wofür? – für ein gutes, achtsames Leben und Zusammenleben. Fit-Werden und Fit-Bleiben für Friedensarbeit und den Erhalt unserer schönen und beschädigten Welt, das wäre eine Devise für den Einsatz von Musik in Studios, in denen man sich wohlfühlt und die über ihre professionelle Ausstattung und menschenfreundliche Atmosphäre hinaus auch Überlegungen zu einer musikalischen Fitnästhetik anstellen sollten.
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