Es ist langweilig, immerzu über die (Miss-)Erfolge im Kampf gegen Vorurteile gegenüber klassischer Musik nachzudenken und zu schreiben. Deshalb möchte ich ein Format vorstellen, dass klassisch-musikalischen Nachwuchs auf Kosten der Musik, dafür zugunsten der Vorurteile fördert: Willkommen bei dem österreichischen Nachwuchs-Musikwettbewerb des Internationalen Musikvereins für hochbegabte Kinder, dessen Finale jüngst als Show unter dem Titel „Die Goldene Note by Leona König“ im ORF und auf 3sat ausgestrahlt wurde und noch bis Ende des Jahres in der Mediathek liegt.
Goldene Nöte
Dabei wird gleich von Anfang an deutlich, dass authentisches Auftreten und handgemachte Musik nicht das Anliegen sind: Nicht nur mussten die Finalist*innen im Kindes- und Jugendalter anfänglich einen für Musiker*innen unwürdigen Vollplayback-Auftritt hinlegen, sondern sogar ihre Wertungsauftritte zu einer Playbackbegleitung spielen. Diese fragwürdige Praxis wurde aber fair durchgezogen: Auch „Clair de Lune“, eigentlich für Klavier solo, wurde von einem Playback-Orchester begleitet.
Zwar muss man zugestehen, dass die Preise und Teilnehmer*innen an einen ernstzunehmenden Wettbewerb erinnern – schließlich gewannen alle der bereits sehr professionellen Finalist*innen Unterrichts-stipendien für ein Hochschul-Semester und die Gewinner*innen beispielsweise auch stark karrierefördernde Auftritte unter anderem in der Carnegie Hall. Aber in den holprigen und hauptsächlich zur Selbstinszenierung der Initiatorin Leona König und ihres Wettbewerbs taugenden Zwischenmoderationen werden die Kinder und Jugendlichen von den Verantwortlichen peinlich ausgestellt: Wenn sie mal nicht brav auf rhetorische Fragen reagieren mussten (die oft in den kurz vorher eingespielten Videos von den Teilnehmenden bereits beantwortet wurden), sollten sie andere Hobby-Fähigkeiten, beispielsweise in einem witzlosen Fußball-Zweikampf gegen den Co-Moderator, „beweisen“.
Karrierefördernd werden die Gewinne sein – dazu herzlichen Glückwunsch. In der Öffentlichkeit zeigt „Die Goldene Note“ aber, dass „Klassik“ auch bei dem Versuch Spaß zu machen eine unendlich versteifte Angelegenheit ist, die scheinbar dafür da ist, sich – wegen goldener Nöte? – mit Nachwuchs-Stars zu schmücken, statt diese ihrer Musik angemessen zu präsentieren.
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