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Zeichnung: Rupert Hörbst
Zeichnung: Rupert Hörbst
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Heil ECHO

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Ferchows Fenstersturz 2018/05
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So. Nun ist es offiziell. Das hysterische deutsche Volk japst mehr unter dem ECHO als unter syrischen Giftgasgranaten. Längst vergessene Preisträger (#weristwesternhagen) geben recht laut ihre ECHOS zurück. Braun lackieren wäre auch mal ein Zeichen gewesen. Vielen Dank, liebe Pappnasen vom ECHO-Ethik-Beirat. Armselig genug, dass ein musikalischer Inklusionspreis (ja, ja, … es zählen „nur“ die Verkaufszahlen) eine moralische Instanz benö­tigt. Die nachweislich seit Jahren zusammen mit dem Veranstalter gnadenlos versagt und generös durchwinkt (Freiwild, Farid Bang, Kollegah, Bushido, Sido). Die alles unter den Deckmantel der künstlerischen Freiheit kehrt und mit den vom Ledersessel verwöhnten Hinterteilen einreißt, was Pädagogen und Ehrenamtliche täglich an Integration aufbauen.

Denn, lieber ECHO-Elferrat, vorausgesetzt, es handelt sich – egal bei welchem Künstler – um rassistische, antisemitische, frauenfeindliche, nationalistische oder sonstige anstößige Texte, denen man großzügig Genre-typische Ironie und Provokation unterstellen darf, dann braucht man immer noch Hörer, die das KAPIEREN! Und Zehn- bis Sechzehnjährige, die das hören, KAPIEREN das nicht. Nicht mehr. Genauso wie Vierzigjährige die Hetzpropaganda der AfD nicht KAPIEREN.

Lieber ECHO-Ethik-Beirat, in welchem Land lebt ihr? Die Kids KAPIEREN das nicht! Die schlagen sofort zu. Siehe Passau. Da gibt es keine Antennen für Ironie oder Provokation. KAPIERT ihr das? In diesem Land KAPIERT niemand etwas. Deswegen haut uns Zwegat aus den Schulden, die Supernanny erklärt uns die „stille Treppe“ und wildfremde Menschen zeigen mir, wie sie in ihrer verdammten Küche kaltes Wasser perfekt erhitzen. Ich frage mich wirklich, lieber ECHO-Ethik-Beirat, hätte man in allerletzter Konsequenz und freilich unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit nicht dafür sorgen müssen, dass Farid Bang und Kollegah den ECHO von Beatrix von Storch oder Alexander Gauland überreicht bekommen?

Fast schon fahrlässig, lieber ECHO-Ethik-Beirat, diese einmalige Chance der Verantwortung zu verschlampen. Aber warum wundern? Vor Kur­zem nahm NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach (CDU) beim ersten „NRW-Heimatkongress“ in Münster eine LP von „Heimatbotschafter“ Heino als Gastgeschenk entgegen. Laut Medien übrigens ohne Scheitel und Armbinde. Was beim Inhalt der Doppel-LP jedoch überrascht. Strammes Liedgut ist da zu hören. 24 Lieder sind als „schönste deutsche Heimat- und Vaterlandslieder“ getarnt. Entspringen mit Titeln wie „Wenn alle untreu werden“, „Flamme empor“ oder „Der Gott, der Eisen wachsen ließ“ aber eher der großdeutschen Reichs-Jukebox. NRW hat wohl keinen Ethik-Beirat. Sonst wären in Münster Farid Bang und Kollegah sicher noch mit dem „Ehrenkreuz der Deutschen Mutter“ (Ironie? Provokation? Zynismus? Frauenfeindlichkeit?) ausgezeichnet worden. Liebe ECHO-Preisträger, schickt alle ECHOS an die Ethik-Beiräte dieses Landes. Denn dieses Land hat nichts KAPIERT.

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