Nur sieben Tote in Bushidos neuem Video „Jeder meiner Freunde“. Ich bin enttäuscht. Lieber Herr Bushido, da schickt Ihnen Franz Josef Wagner kein Briefchen. Geschweige denn, dass sich die Frühstücksdirektoren der Bundesprüfstelle von der elektrischen Saftpresse entfernen. Da ändern selbst die üblichen Grobheiten gegenüber Homosexuellen und Bullen nichts. Ganz schön waschlappig. Der Fluch des Integrations-Bambis? Oder die Zusammenarbeit mit Peter Maffay? Was aber soll uns jetzt zu denken geben? Die Verweichlichung an sich oder unsere Wurstigkeit jene hinzunehmen.
Beispiel Frei.Wild. Eine Südtiroler Band, der rechtspopulistische Texte unterstellt werden. Skandal 2013. Weil die meisten Platten verkauft und so für den ECHO nominiert. Die Bands MIA und Kraftwerk boykottieren die Eigen-Nominierung und kurbeln so die Eigen-Werbung aller drei Bands an. Frei.Wild. wird ausgeschlossen. Wissenschaftler zerfieseln die Texte. Ergebnis: Null Komma Null. 2014: Der ECHO-Beirat winkt die aktuelle Frei.Wild.-ECHO-Nominierung durch. Wo sind MIA und Kraftwerk? Gerade kein Album am Start? Wo bleibt der Protest? Verstehe ich nicht.
Beispiel Miley Cyrus. Musikalisch mit Raclette-Käse zu vergleichen. Zäh bis sämig. Deshalb Ablenkung auf der aktuellen Tour: Die Beine während der gesamten Show auf Anschlag gespreizt. Die dauerheraushängende wie dauerkreisende Zunge würde man eher einem altersschwachen Köter zuordnen, dennoch wird sie bald fiese Herpesbatzen im Gesicht verursachen, weil die Zunge im Grunde ihres Herzens gerne Viren ansaugt. Und Miley aber auch wirklich alles abschleckt. Dazu gesellen sich rubbelnde Finger im „perpetuum mobile“-Modus, zielsicher auf Schamhöhe rotierend, während die 21-jährige im Swinger Club Style (sexy ist anders) auf einer Riesenwurst reitet, die (wahrscheinlich) im Minutentakt Senf- und Ketchupspritzer von sich gibt. Die Miley dann aufschleckt. Liebe Ehefrauen, da muss man sich nicht aufregen, weil der Mann zufällig auf RedTube umgeleitet wurde. Ich zumindest verstehe Mileys Botschaft nicht. Beispiel Rapper B.S.H. In seinem Video „Das Leben ist schön“ wird er mit einem Riesenhammer (kein Wortspiel) vermöbelt. Wo ist die Message? Zeitsprung: Falco veröffentlicht „Jeanny“. Die Gesellschaft japst. Radiosender ächten den Song, Pfarrgemeinden lassen den Klingelbeutel unbeaufsichtigt, um zu demonstrieren, während Fraueninitiativen kollabieren. Freilich, verglichen mit heute, sind das Peanuts.
Doch eine Frage bleibt. Nicht, wer Kinder und Jugendliche vor Popmusik schützt, sondern wer sie ihnen erklärt. Im Kindergarten werden den Eltern der Dreijährigen potentielle Lesestörungen eingeredet. In Schulen betreibt man Prävention gegen Drogen, Alkohol und Essstörungen. Aber das, was die Generation Download wirklich beschäftigt, bleibt unerklärt. Woher kommen nur diese Gewaltbereitschaft, dieser Sexismus, diese Fremdenfeindlichkeit, diese Verrohung der Sprache? Keine Ahnung. Aber mir doch wurscht.