Der Mann, der eine „Philosophie des Geldes“ um 1910 verfasste, setzte sich zu Beginn seiner soziologischen Arbeit einmal mit dem Jodeln auseinader, dabei ging es dem Grunde nach um die psycho- und ethnologischen Anfänge der Musik. Georg Simmel, der Autor, wünschte sich bei seiner Erhebung auch die Notation von Jodlern jeglicher Art. Wir wissen nicht, ob der Jodler darunter war, der kürzlich ein Münchner Landgericht beschäftigte.
Denn so ein Jodler ist Bestandteil des Kufstein-Liedes, was, wie natürlich jeder weiß, zwar eine Art Volkslied ist, aber doch erst einigermaßen frisch erfunden, will sagen: komponiert. Ein Zwölftel des Stücks soll allerdings nicht dem Originalkomponisten gehören sondern einem Bearbeiter (der übrigens auch der Verleger ist). Der Jodler im Lied ist auch ein urheberrechtlich geschützer Teil des Werkes, ein Werk im Werk, ein Kuckucksei im Spatzennest, mit anderen Worte Kohle in der Kohle. Da es so weit verbreitet ist, fließen auch Tantiemen der GEMA in entsprechender Menge. Darüber entbrannte nun Streit. Das Ergebnis: Der Bearbeiter geht leer aus, niemand juckts in der Jodelhose.
Nicht weil strittig wäre, dass er den Jodler so und nur so komponiert hätte, sondern weil jeder Interpret ihn einfach anders jodelt. Womit erstens die Bedeutung der Interpreten endlich gewürdigt wird und zweitens jeder Interpret in Zukunft als Bearbeiter gelten dürfte. Neue Geschäftsfelder tun sich damit auf. Ganz sicher werden demnächst mindestens 200.000 Jodelvarianten für das Lied kompositorisch bei der GEMA registriert. Und wenn´s nicht Vicco von Bülow oder Johannes Kreidler macht, dann mach´ ich es eben selbst. Von den Anfängen der Musik bis zur Philosophie des Geldes ist der Weg wirklich nicht weit. Aber zurück geht er nie.