Du bist eine einfache Melodie. Eine schwebende, melancholische und gleichzeitig hymnisch tragende Melodie. Das „döp – döp – dödödöp“ hatte es mir tatsächlich nie besonders angetan. Ich habe mich immer auf die Melodie gefreut, die schon Sibelius zu dem letzten Satz seiner zweiten Sinfonie inspiriert hat. Diese Freude war immun gegen das Altern. Sie war im besten Sinne infantil, nicht schutzlos, sondern schutzbedürftig und beschützt. Ganz ungebrochen war sie nicht: Wenn ich mir das Urteil meiner Cello-Lehrer*innen und gutbürgerlichen Eltern vorgestellt habe, dann habe ich mich auch ein bisschen geschämt.
Kämpft für die Liebe!
Vor zwei Jahren hat unsere Beziehung dann eine neue Qualität erreicht: Von der Orgel begleitet habe ich dich in aller Öffentlichkeit auf der Hochzeit mir nahestehender Personen gespielt. Ich habe mich nicht geschämt, mein Cello hat mich nicht im Stich gelassen, da konnten alle es sehen. Hier ist: immerwährende Liebe. Hier ist: „L‘amour toujours“.
Knapp zwei Jahre später kommt die braune Seuche und präsentiert in breiter Öffentlichkeit den Fortschritt ihrer zerebralen Kompostierung. Dann hagelt es Nachrichten von all den Vorfällen rechtsextremer Annexionen der unverfänglichen Musik. Ja und auch ich habe unmittelbar gedacht: Trennungsgrund.
Zwei drei Anläufe habe ich gebraucht, bis mir aufgegangen ist, dass wir „L‘amour toujours“ jetzt mehr brauchen denn je. Wer das Lied nicht mehr öffentlich spielt, tut dies doch, um zu vermeiden, dass sich die Vorfälle wiederholen. Ihr glaubt also, der Rechtsextremen-Chor würde auf eurer Feier ungestört singen können und denkt: Die Gäste bleiben, das Lied muss weg. Das ist wirklich der Gedanke?
Liebe ist doch viel stärker. „L‘amour toujours“ muss einfach stärker sein dürfen als das!
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