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++contrapunkt++-Start - von links nach rechts: Theo Geißler, Wolfgang Hufschmidt, Siegfried Thiele, Peter Gülke, Gisela May, Stephan Sulke und Manfred Wagenbreth. Foto Martin Hufner.
++contrapunkt++-Start - von links nach rechts: Theo Geißler, Wolfgang Hufschmidt, Siegfried Thiele, Peter Gülke, Gisela May, Stephan Sulke und Manfred Wagenbreth. Foto Martin Hufner.
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Kleiner Nachtrag zum Tag der Deutschen Einheit - und eine klare Quelle

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Von innen nach außen: ++contrapunkt++ - Nachdenken über deutsche und europäische Fusionen: Nach dem Millenniums-Juchzen: Friede, Freude, Wirtschaftsboom im wiedervereinigten Deutschland. Die Kompression zweier Gesellschaftsmodelle, zweier Wirtschaftssysteme – ein Erfolgskonzept? Zumindest die amtierende Politik steuerte einen mächtigen Medienwirbel in diesem Sinne. Meldungen über aufkeimenden Groll zwischen Neu-Deutschen und Bundesrepublikanern wurden runtergespielt.

Orchesterschließungen, Theaterfusionen, Kulturdemontage in den neuen Bundesländern – und als Folge „solidaritätsbedingter“ Ebbe bei öffentlichen Kassen auch im alten Westen - fand vorwiegend in engen Fachpublikationen Platz. Nachdenkliche Stimmen, die mehr Zeit und mehr Genauigkeit für die Annäherung der Kulturen, vielleicht auch der Ideologien einforderten, wurden von der Euphorie schöner, vorwiegend ökonomisch sprühender Götterfunken übertönt.

Dass in Deutschland zusammenwachsen sollte, was zusammengehöre, war nach unserer Erfahrung ein hübsches Konzept auf flachen Schreibtischplatten. Kosmetische Korrekturen an Plattenbauten, professionelle Firmen-Plattmacher und andere Plattitüden-Produzenten sorgten dafür, dass dem unmodernen Faktor »historische Zeit« keine Zeit gegeben wurde. „Was lange schwärt, wird niemals gut“ – so ungefähr lautete unsere Einstiegs-These in die ++contrapunkt++-Konzeption. Als Chirurgen wollten wir uns betätigen, oder eher als friedvolle Feldschere. Mit dem hochambitionierten Ziel, wucherndes Narbengewebe über kulturellen Eiterherden unter der Transplantationsfläche Ost-West zu lüften, um so dem Heilprozess beizustehen. Aus Gründen, die im ersten Absatz dieses Beitrages zu finden sind, stießen wir in der Öffentlichkeit von Anfang an auf wenig Gegenliebe.

++contrapunkt++ startete als Koproduktion des Bayerischen Rundfunks, des Mitteldeutschen Rundfunks und des Goethe-Forums München. Als Veranstaltungsorte der öffentlichen 90minütigen Live-Sendungen mit Live-Musik wirkten Deutschlands ältester Kopfbahnhof, Leipzigs „Bayerischer Bahnhof“ und Münchens jüngster Kopfbahnhof – eben das Goethe-Forum – im Wechsel recht angemessen. ++contrapunkt++ untersuchte in 18 Folgen die unterschiedlichsten kultur- und musikpolitischen Entwicklungen im Deutschland der Vor- und der Nachwendezeit. Akteure und Persönlichkeiten aus Deutschland Ost wie Deutschland West dokumentierten in einem live gesendeten »westöstlichen Dialog« Geschichten des Zusammenwachsens, begleitet von zwei Moderatoren: Eben einem Ossi und einem Wessi.

Lassen Sie uns an drei Beispielen die Fragestellungen und das Konzept dieses westöstlichen Dialoges verdeutlichen (auch die Auswahl der Gäste verrät Haltung):

Musikwirtschaft: staatsgesteuert  ./. geldgelenkt

Beide deutsche Staaten haben mit unterschiedlichen Wirtschaftsideen die Produktion künstlerischer Arbeit beeinflusst. Während man auf der einen Seite Musik im Rahmen einer sozialen und politischen Verpflichtung verstanden wissen wollte und damit die Musikkultur staatlich zu steuern versuchte, war auf der anderen Seite der Markt das Lenkungsinstrument von künstlerischer Freiheit. Über den Musikmarkt, wie er war, wie er ist und wie er morgen vielleicht aussehen wird diskutierten im Bayerischen Bahnhof in Leipzig live und ungeschnitten die Musikmanager Stefan Piendl (BMG Classic) und Klaus Koch (Verlag Buschfunk) sowie die Sängerin Ulla Meinecke und der Sänger Norbert Leisegang (Keimzeit).

Musikkabarett: heimlich ./. unheimlich

Musik ist für die Politik sowieso schon unheimlich. Ganz schwierig wird es jedoch, wenn sich Musik mit dem Kabarett paart. Musik- und Wortwitz schlagen manchmal derartig unvorhersehbare Haken, erwecken Assoziationen, die man so oder so nehmen oder hören kann: War dies ein Scherz oder ist es doch Kritik? Im geteilten Deutschland waren die Funktionen und Auswirkungen des Musikkabaretts, ja nach politischem Leitstern verschieden. Verbieten, ignorieren, drüber lachen oder ist das alles sowieso nur musikalischer Fasching – was tun? Darüber sprachen im Goethe-Forum München die (Musik)-Kabarettisten Popette Betancor (West) und Dieter Beckert/Peter Till (Ost).

Kindermusik: Pittiplatsch ./. Pumuckl

Handelt es sich bei dieser Kinder-Musik um ein hamelndes Rattenfangen mit lieblichen Flötentönen – oder gar um Anpassungsmusik für kindliche Fantasie an entsprechende gesellschaftliche Notwendigkeiten? Wo und wie ist Kindermusik möglich? Ist „Bro’Sis" und „No Angels" noch etwas entgegen zu setzen, nicht nur zur Weihnachtszeit? Über diese und ganz andere Fragen unterhalten sich im Goethe-Forum die „Kindermusiker" Rolf Zuckowski (West) und Gerhard Schöne (Ost) sowie die „Kinderwissenschaftlern" Michael Dartsch (West) und Ulrich Marckardt (Ost). Live-Musik gibt’s von Rolf Zuckowski und Gerhard Schöne.

Ferner beschäftigten wir uns unter anderem mit

Theaterlandschaften: Oase Ost ./. Wüste West?,- Protestmusik: Widerstand ./. Wohlstand, - Biotop Weltmusik: Ideologietransport ./. Wertevermarktung, - Jazz: Free ./. Frei, - Musiksponsoring: Marktkultur ./. Plankultur, - Frauenmusik: Herd ./. Pult, - Russland-Deutschland: Klischee ./. Wahrheit oder Kirchenmusik: Andacht ./. Ohnmacht – wobei das schöne Zeichen ./. immer für „contra“ stand. All diese Sendungen sind – wie auch die folgenden – auf der  ++contrapunkt++-Webseite unter www.contrapunktonline.de feinsäuberlich als Audio-Files archiviert.

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