Hier ist ja häufig der Ort gewesen, an dem der Untergang der Kultur prophezeit worden ist. Die Gründe dafür waren fast immer die gleichen: zu viel Internet, zu viel Medienkonsum, zu wenig Beziehung zum Lebendigen. Entfremdung garantiert.
Aktuelle Zahlen scheinen das zu bestätigen. In der aktuellen ARD/ZDF-Online-Studie 2020 liest man:
„Die tägliche Zeit, die die Menschen im Internet verbringen, wird auf Basis eines Tagesablauf-Modells berechnet und liegt in diesem Jahr mit einem Plus von 11 Minuten bei 204 Minuten. (...) Insbesondere in der Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen (Internetnutzung gesamt: 388 Minuten, plus 18 Minuten) hat sich die Nutzungsdauer von Online-Angeboten aus dem Bereich des medialen Internets um fast eine Stunde auf über 4 Stunden (257 Minuten, plus 50 Minuten) erhöht. Die restliche Zeit entfällt zum Beispiel auf Chatten, Spielen oder Shoppen im Internet.“
Die Zahlen sind aber solange blind, wie man nicht weiß, mit welchen Inhalten sie gefüllt sind. Wenn man davon ausgehen darf, dass das Internet neben dem Konsum von Pornografie vor allem der Kommunikation dient und der Verbreitung von sinnlichen Erfahrungen in Bild, Film, Wort und Ton, darf man getrost glücklich nach vorne schauen.
Speziell was Jugendliche angeht, spielt gelungene Desinformation wie wir sie von außen wahrnehmen nämlich eine nur geringe Rolle. Das ist das Ergebnis der Postbank-Digitalstudie aus diesem Jahr.
„So vertrauen 59 Prozent der Teenager auf die Online-News von seriösen Medien wie spiegel.de oder ard.de. Das ist ein Anstieg um sechs Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr. Darüber hinaus verlassen sich 46 Prozent auf die Berichterstattung von Tageszeitungen und Wochenzeitschriften. (...) Soziale Medien schneiden hingegen deutlich schlechter ab. Nur jeder Vierte hat bei YouTube-Clips keinerlei Bedenken. Beiträge auf Instagram stellen zwölf Prozent nicht infrage. Bei Twitter-Posts sind es sogar lediglich sechs Prozent und bei Facebook drei Prozent.“
Die Netze verdummen offenbar weniger die jungen Menschen, sondern vor allem uns alte Achsokluge. Es ist die Mischung, die es bringt: Entertainment, das Glück der Zeitverschwendung und Muße und daneben ein bisschen seriöse Information und Leidenschaft für Wissen. Darin sind gerade Kinder gottlob unbescheiden und unersättlich. Gerne über das Netz, gerne im realen Leben.
Wenn die aktuelle Pandemie die Impfstoffentwicklung in ungewöhnlicher Weise befeuert hat, so trifft dies auch auf Bildungs- und Kulturtechniken in Zeiten der zunehmenden Digitalisierung zu. Dafür müssen allerdings die kulturellen Institutionen weiterhin gut durch die Zeit kommen. Sie zu erhalten und ihre digitale Transformation anzuschieben, wäre immerhin ein Kollateralgut, das man aus diese Zeit mitnehmen könnte.