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Wenn Handwerker wie Kompositionsstudenten (und ihre Kompositionen wie Aufträge) wären…
- … dann würden sie kurz vorher den Reparaturtermin absagen, weil sie nicht das Gefühl haben, dass sie in der Woche zuvor „genug gemacht“ hätten.
- … würden sie jedes Schräubchen herausnehmen, lange betrachten, einpassen, dann ein anderes Schräubchen hervorholen, auch dieses einpassen, und so weiter, bis sie alle Schräubchen ausprobiert hätten, um sich dann am Ende zu entscheiden, gar kein Schräubchen zu benutzen.
- … würden sie mitten in der Arbeit diese abbrechen und eine neue Arbeit beginnen, darauf hoffend, dass man die Arbeit davor gnädig vergisst.
- … würden sie lange darüber erzählen, wie sie die momentane Arbeit nächste Woche fertigstellen werden, um dann die Woche drauf etwas völlig anderes zu machen.
- … würden sie Depressionen bekommen, wenn sie keine Aufträge bekommen, aber in eine noch schwerere Depression fallen, WENN sie einen Auftrag bekommen.
- … würden sie den ursprünglich einmal ausgemachten Termin für die Fertigstellung ihres Auftrags verstreichen lassen, egal wie viel Zeit sie dafür hatten, und erst im allerletzten möglichen Moment unter Androhung der kompletten Absage ihren Auftrag fertigstellen, aber nicht ohne dabei extrem gestresst zu sein und über die zu wenige Zeit für die Arbeit zu jammern.
- … wären sie konstant unglücklich verliebt, auch wenn sie eigentlich glücklich verliebt sind.
- … würden sie auf Facebook jedes Mal ein Foto posten, wenn sie ihren Auftrag erledigt haben, und sehnsüchtig darauf hoffen, dass ihnen all ihre Freunde dazu sofort gratulieren.
- … würden sie mehr Zeit damit verbringen sich darüber Sorgen zu machen, dass man ihre Arbeit nicht genügend würdigt, als tatsächlich zu arbeiten.
- … wären sie stets unsicher, ob sie überhaupt ihren Beruf ausüben, oder ob sie sich vielleicht tatsächlich nur einbilden, ihn auszuüben.
- … würden sie sich stets riesige Aufgaben vornehmen, nur um dann festzustellen, dass sie gar nicht wissen, wie sie diese Aufgabe eigentlich erledigen können.
- … würden sie sich ständig um winzige Details ihres Auftrags kümmern, anstatt die Arbeit im Ganzen zu betrachten.
- … würden sie jede Gelegenheit verstreichen lassen, sich von sich aus um Aufträge zu bemühen, dann aber darüber traurig sein, wenn ihnen niemand Arbeit gibt.
- … würden sie ihren Auftrag stets so erledigen, sodass es nach außen hin wie eine unglaublich komplexe Leistung wirkt, und jeden einzelnen Arbeitsschritt so umständlich wie möglich beschreiben, selbst wenn er ganz simpel ist.
- … würden sie stets so tun, als hätte ihre Arbeit eine ganze Woche gebraucht, auch wenn sie in Wirklichkeit erst kurz vorher in der Kantine - bevor sie zum verabredeten Termin kamen - damit angefangen hatten.
- … würden sie sich ständig damit beschäftigen, wie Handwerker vor vielen hundert Jahren ihre Arbeit gemacht haben, nur um dann festzustellen, dass es ihnen heute auf diese Weise keinen Spaß machen würde, weil sie dann auch die Hilfsmittel nicht mehr benutzen dürften, die den damaligen Handwerkern nicht zur Verfügung standen.
- … wäre es schwierig zu sagen, was sie größere Überwindung kostet: die Arbeit zu beginnen, oder sie abzuschließen, da beides gleichermaßen unmöglich ist.
- … wäre jede Arbeitssitzung zu 50 Prozent Therapie und Aufmunterung und zu 50 Prozent Reden über die Arbeit, die noch zu machen ist, aber noch nicht gemacht wurde.
- … würden sie bei jedem neuen Auftrag stets ihren alten Meister um Rat fragen, selbst wenn dieser schon lange nicht mehr ihr Meister ist.
- … wäre ihre Arbeit eines nie: langweilig!