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Krisenzipfel

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Deprimiert haben Sie eine Kugel in den Lauf ihres Jagdgewehrs (Familienerbstück,18. Jahrhundert) geschoben. Sie grübeln, wohin sich ihre 300.000 Zertifikate zerstreut haben und bekommen Schnappatmung, wenn Sie an ihre übrigen 50.000 GM-Aktien denken. Sie fühlen sich – wahrscheinlich zu Recht – unbesucht. Sie winseln, weil keiner der aufgespannten Schutzschirme Sie erwischt hat. Sie sind unsicher, in welcher Position Sie anlegen sollen: Kopf oder Hals? Doch erst mal locker bleiben. Denn wenn Sie glauben, ihre verzockte Altersvorsorge sei das Ende, haben Sie noch nie was von den „Zipfelbuben“ gehört.

Die „Zipfelbuben“, das sind der Tee (richtiger Name: Timo, Kosename: Der Schlu), der Diggie (richtiger Name: Dirk) und der Florian (Künstler-Name: Flo). Allen dreien wurden zu gleichen Teilen die Gehirne der „Teletubbies“ transplantiert. So ausgerüstet, starteten die drei als ADHS-Team des Naturkundesenders RTL – dem mit der Installation der „Zipfelbuben“ die letzten Sicherungen auf hirnverbrannt durchschmorten – ihre Karriere als geklonte Pudel der Jacob Sisters und trällern seitdem den Dschungelcampsong „Hier im Dschungel“. Der hieß früher „In the Navy“ (Village People) und ist nun eine auf Proletenniveau tiefer gelegte Coverversion.

Im gleichnamigen Video tanzen der Tee, der Diggie und der Flo nicht nur wie die Zombies in „Resident Evil“, sondern malmen die Kiefer zu einem derangierten deutschen Text, den sie nicht verstehen können. Obwohl man ihnen von Geburt an jeden Abend das Märchen vom Bauarbeiter, Indianer, Soldaten, Polizisten und Biker durch zu heißes Badewasser injiziert hat. Nur deshalb funktionieren die drei Schabernack-Geschosse jetzt wie echte Schläfer und können per Technobeat aktiviert werden. Dass die drei Tanzautomaten im Vergleich zu einem BSE-Rind eher furchterregend wirken, scheint viele Artgenossen nicht zu stören, denn das Gästebuch der Partynudeln ist voll des Lobes (Rechtschreibung original): „Hallo, find euch voll toll, auch wenn mein Mann mich dafür auslacht“, „Euer Auftritt gestern in Wehldorf in ,Meyers Tanzpalast‘ war absolut super!!!! Die neuen Lieder sind echt der Hammer!!!!“, „hi ihr seid tottal cool und geile stimmt und schon klar hübsche boys. Ich bin die neue fan von euch ihr seid so klasse und boahhhh... hihihihi viel spaß und viel erfolg beim singen“.

Beflügelt vom Erfolg, danken die „Zipfelbuben“ ihren Fans mit einer weiteren, Adressaten-orientierten Single: „Mein Tuut Tuut“. Das bot sich an, denn „Tuut Tuut“ macht es bei den „Zipfelbuben“ sowieso den ganzen Tag im Hirn. Und getreu der fränkischen Weisheit „Wie der Herr so’s Gescherr“ dürfte den Fans der Codipront-Drillinge höchstens der zweite Vokal in „Tuut“ Verständnisschwierigkeiten bereiten: „Moi Händy hän immer DuuD gschwätzt“. Sie sehen also: Der Spannungsregler nach unten bleibt offen. Trost finden Sie unter www.ariola.de/zipfelbuben. Ich glaub’, ich mag die Zipfelbuben. Und jetzt, jetzt können Sie von mir aus abdrücken.

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