Rolf Zuckowski | Rainer Koppenhöfer
1.
Sie haben sich also entschieden, auch weiterhin „nach den Sternchen zu greifen“. Damit tragen Sie als führende deutsche Musikfachzeitschrift dazu bei, dass diese Schreibweise, zumindest in intellektuellen Kreisen, zunehmend als korrekt und zeitgemäß angesehen wird. Die konventionelle, auch gezielt und gemäßigt gegenderte, Schreibweise wird damit zunehmend als inkorrekt und veraltet gelten, auch in bestehendem Musikrepertoire. Dass man in gegenderter Sprache keine Lieder, Arien oder Chorsätze singen kann, dürfte ihnen bewusst sein. Dass Autorinnen und Autoren unserer Zeit dadurch in ihrer Freiheit der sprachlich-musikalischen Entfaltung eingeengt werden, sollte Ihnen ebenso bewusst sein. Ein Leben auf zwei Sprachebenen (Kommunikation und Kunst) wird sich dauerhaft nicht etablieren können, weil es ja nicht nur um formale Unterschiede geht. Sie stellen offenbar diesen kulturellen Verlust in der Musikwelt hinter dem Streben nach sprachlicher Gleichberechtigung zurück. Ich finde das bedenklich, zumal wahre Erfolge der Gleichberechtigung und Gleichstellung vor allem im Inhaltlichen erreicht werden müssen.
Mit nachdenklichen Grüßen
Rolf Zuckowski
P.S. Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich bin ein Verfechter der Gleichberechtigung und respektiere die Vielfalt der Geschlechter und geschlechtlichen Identitäten.
2.
Es ist ja nett, dass Sie wenigstens mal ein paar Worte zum Thema „Gendern“ verlieren, aber es reizt mich doch, Ihnen dazu die Bedenken eines langjährigen nmz-Lesers mitzuteilen: Es ist unbestritten, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind, auch in der Anrede-Erwähnung. Aber warum schreibt und sagt man dann nicht wirklich „gleichberechtigt“: „Liebe Leserinnen und Leser“? Braucht man dann für eine nmz-Ausgabe so viel mehr Papier? Oder ist alles jetzt schon zu purer Ideologie und Sprachzwang verkommen?
Im Übrigen trennt das Sternchen eigentlich mehr als es verbindet. Auch finde ich, dass die Frauen als an die Männer angehängte Sternchen-Wesen wirklich nicht gebührend gewürdigt werden! Außerdem entstehen dann Wort-Ungetüme und oft sinnlose Formulierungen, wie zum Beispiel die im Anhang hinzugefügten Beispiele aus der nmz 2/2021 zeigen. Wenn man wirklich korrekt sein will, so müssen Musiker*inne*n im Dativ eigentlich zwei Sternchen haben, sonst wird Musikern nicht wirklich geholfen, weil das Schluss-„n“ dann sprachlich korrekt eigentlich nicht mehr zu ihnen gehört!
Ich plädiere also für wirkliche Gleichbehandlung – auch sprachlich – damit dieses gendermäßige Sprachgeholper endlich aufhört und jeder und jede wirklich einzeln und nicht zusammengestückelt angesprochen werden kann. Sonst gibt es wohl bald auch „Sehr geehrte Dam*herren“.
Rainer Koppenhöfer